Antifaschistische Praxis

Antifaschistische Praxis

Der Rechtsruck macht sich in allen europäischen Ländern bemerkbar. Wir wollten von unseren Genoss*innen wissen, wie er sich bei ihnen äußert und wie ihre antifaschistische Praxis aussieht. Hier sind ihre Berichte.

Griechenland

Ein Leuchtfeuer der Hoffnung

In den vergangenen zwei Monaten beteiligten sich die Studierenden in Griechenland an massenhaften Protesten gegen einen Gesetzesentwurf, der die Gründung von Privatuniversitäten in unserem Land erlaubt. Nach der griechischen Verfassung ist es illegal, Privatinstitute zu gründen, da die Hochschulbildung nur vom Staat und seinen Organen bereitgestellt werden darf (Artikel 16). Dadurch haben Studierende aus allen sozialen und wirtschaftlichen Schichten die Möglichkeit, ohne Gebühren zu studieren. Eine öffentliche und kostenlose Universität ist auch eine rechtliche Garantie dafür, dass die Hochschulbildung in Griechenland die beste Qualität in Europa aufweist und so weit wie möglich von den Regeln des freien Marktes unbeeinflusst bleibt. Seit 2010 und der Verabschiedung des Memorandums hat die herrschende Klasse in Griechenland in Kooperation mit der EU und dem IWF eine Reihe neoliberaler Reformen mit harten Sparmaßnahmen und Privatisierungen durchgesetzt. Auch das öffentliche Bildungswesen war von diesen Maßnahmen betroffen. Doch dank des konsequenten Kampfes von Studierenden, Angestellten und Professoren konnte die öffentliche Hochschulbildung einen Teil ihres Charakters bewahren. Die Änderung des Rechtsrahmens war schon immer das Ziel rechter Regierungen und der herrschenden Klasse. Für die Studierendenvereinigungen bedeutete dies natürlich eine Kriegserklärung. Nea Dimokratia (ND) – die Partei mit der parlamentarischen Mehrheit – hat in den letzten
fünf Jahren eine extrem neoliberale Politik betrieben und unter anderem versucht, jede öffentliche Äußerung zu untergraben, die den sozialen Bewegungen und den sozialistischen und kommunistischen Kräften verblieben ist. In ihrem Versuch, Äußerungen von Unzufriedenheit und Opposition zum Schweigen zu bringen, hat die ND eine Reihe von Gesetzen verletzt, von denen die meisten nach dem Sturz der Diktatur im Jahr 1974 eingeführt wurden, z.B. das Recht auf freie Demonstrationen, Asyl an öffentlichen
Universitäten und vieles mehr. Diese aggressive Form des Regierens, unterstützt durch die Enttäuschung über das gescheiterte sozialdemokratische Programm von SYRIZA (Koalition der radikalen Linken), hat zu einem tiefgreifenden Rechtsruck in der griechischen Gesellschaft geführt. Die Normalisierung der intoleranten, rassistischen und revanchistischen Rhetorik sowohl der Regierung als auch der rechtsextremen Parteien hat ebenfalls zu dieser Rechtsverschiebung beigetragen. Extreme Polizeigewalt, staatliche Eingriffe in das (vermeintlich unabhängige) Justizsystem und eine starke Einschränkung der Rechtsstaatlichkeit bestätigen eine Krise der bürgerlich-demokratischen Institutionen in Griechenland. Seit 2019 hat die Regierung einen beispiellosen Angriff auf die öffentlichen Universitäten gestartet und eine Reihe von Gesetzen verabschiedet, um das Recht auf Meinungsfreiheit einzuschränken, eine prüfungsintensivere Studienkultur zu etablieren und junge Menschen von der Hochschulbildung auszuschließen – insbesondere diejenigen, die aus armen Arbeiterfamilien stammen. Politische Aktivitäten an den Universitäten, insbesondere der linken Organisationen, nahm die Nea Dimokratia ins Visier. Es wurden Maßnahmen verhängt, die die Begrenzung der Studienzeit, die Abschaffung des Universitäts-Asyls, eine Sonderpolizei zur Überwachung der Universitäten und Disziplinarmaßnahmen für alle, die sich nicht an die Universitätsvorschriften halten, zum Ziel hatten. Die Einrichtung von Privatuniversitäten stellt die ultimative Herausforderung für die Regierung und einen wesentlichen Teil ihres Wahlprogramms dar. Der Kampf gegen die Privatisierung der Hochschulbildung ist jedoch tief in der griechischen Gesellschaft verwurzelt, insbesondere in der Studierendenbewegung. Die Chance, die jedem Kind in diesem Land gegeben wird, zu studieren und eine Chance auf ein besseres Leben zu haben, wird von den Menschen geschätzt und verteidigt – und die Geschichte der Studierendenbewegung ist fundamental mit diesem Kampf verbunden. Unter dem Banner der Forderung nach kostenloser öffentlicher Bildung für alle haben die Studierenden nun über zwei Monate lang Hunderte von Schulen in ganz Griechenland besetzt und der Regierung eine klare Botschaft übermittelt: Ihr werdet nicht länger ohne Widerstand über unsere
Zukunft entscheiden, ihr werdet den Menschen zuhören!
In diesem Sinne ist der Kampf gegen die Privatisierungen der Hochschulen wesentlich mehr als das: Er ist ein Leuchtfeuer der Hoffnung für das griechische Volk, der aufzeigt, dass diese Regierung nicht unbesiegbar ist; dass es Wege gibt, gegen die Austerität zu kämpfen und zu gewinnen. Unsere Forderungen sind mit den internationalen Kämpfen gegen Austerität, Inflation und Unterdrückung in jeder Form verbunden. Unser Kampf ist Teil eines internationalen Kampfes gegen die neoliberale Politik und kapitalistische Ausbeutung. Es ist ein Kampf für unser Leben, und gemeinsam stehen wir zusammen.

Katalonien

Wer gegen Nazis kämpft …

Die reaktionäre Politik der Rechten international zielt auf den Abbau von lange erkämpften Rechten und gegen eine soziale, ökologische und intersektional-transfeministische Politik, die bessere Lebensbedingungen für die Arbeiterklasse garantiert.

So waren in den letzten Jahren einige Genoss*innen unserer Organisation mit Repressionen der spanischen Regierung konfrontiert. Am 23. Februar 2022 etwa demonstrierte eine Gruppe junger Antifaschist*innen aus der Studierendenbewegung gemeinsam und friedlich mit anderen gegen die Anwesenheit der Jugendvereinigung »S’ha Acabat« (Es ist vorbei) auf einer Veranstaltung der Universität Pompeu Fabra (UPF). Diese ist mit der extremen Rechten und pro-spanisch-nationalistischen Gruppen, wie der »Societat Civil Catalana« verbunden. Obwohl der Protest ohne Zwischenfälle verlief, erhielten die jungen Demonstrant*innen nach einigen Monaten eine gerichtliche Vorladung, in der ihnen eine Reihe von Straftaten vorgeworfen wurden.

Die Staatsanwaltschaft forderte für die Angeklagten jeweils drei Jahre Haft wegen Nötigung, leichter Körperverletzung und Diebstahl einer spanischen Flagge. »Amnesty and Freedom« verurteilt die unverhältnismäßige Anwendung des Strafrechts zur Unterdrückung politischer Bewegungen, die ihre demokratischen Rechte ausüben. Gegen die extreme Rechte zu demonstrieren, kann niemals ein Verbrechen sein. Hinter diesem ganzen Prozess verbirgt sich der Versuch, antifaschistische Jugendliche zu demobilisieren.

Junge Menschen in Spanien befinden sich seit einigen Jahren in einer tiefen Prekarität, die von der Unsicherheit geprägt ist, keinen Arbeitsplatz zu finden oder, wenn doch, zu unwürdigen Konditionen. Die jungen Menschen haben die Nase voll vom kapitalistischen System, das ihnen die Emanzipation verweigert. Wir befinden uns in einem Moment, in dem die extreme Rechte auf dem Vormarsch ist und sich als Verteidigerin der Arbeitnehmer*innen maskiert, obwohl sie sich stets als Verbündete der Arbeitgeber*innen und wirtschaftlichen Eliten erwiesen hat.  So machen es beispielsweise die gescheiterten Arbeitsreformen der spanischen Regierung notwendig, sich auf eine spezifische Lösung für katalanische Länder zu fokussieren. Hier spielen die Stadtverwaltungen eine Schlüsselrolle.

Der Antifaschismus ist ein unzerstörbares Merkmal des Kampfes der Jugend für eine integrative und tolerante Gesellschaft mit allen, die die Menschenrechte verteidigen. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Idee des organisierten Antifaschismus zu erhalten und weiterzuführen. Dazu ist es wichtig, Verbindungen zwischen den Bewegungen der Linken und den staatenlosen Nationen Europas zu schaffen, um ein transformatives Projekt aufzubauen, das der internationalen Arbeiterklasse die notwendigen materiellen Bedingungen geben kann.

Im Angesicht des Faschismus ist klar, dass wir uns wehren werden, und aus diesem Grund werden wir immer die betroffenen Menschen und die Aufrufe gegen die faschistische Propaganda unterstützen. Gemeinsam können wir die Rechten stoppen. Internationale Solidarität ist der Schlüssel!