Gegen die G7 und ihre verlogene Gerechtigkeit

Gegen die G7 und ihre verlogene Gerechtigkeit

Die Regierungschefs der großen Industriemächte des globalen Nordens sammeln sich Ende Juni auf Schloss Elmau, um dort über den Köpfen ärmerer Länder hinweg die Fragen der Weltwirtschaft zu erörtern. Ben berichtet von der Mobilisierung dagegen.

Ende Juni kommen erneut die Regierungsoberhäupter der führenden westlichen Industrienationen auf Schloss Elmau zusammen. Das in Garmisch-Partenkirchen liegende fünf-Sterne Hotel wird damit wiederholt Austragungsort des G7-Gipfels, welcher dieses Jahr unter dem Motto „Fortschritt für eine Gerechte Welt“ stattfinden wird.

Dem zunächst vielversprechend klingendem Motto zum Trotz sind die G7 geradezu ein Abbild der globalen Ungerechtigkeit: Staatschefs des globalen Nordens verhandeln über die Köpfe jener Länder hinweg, die von deren Entscheidungen mitunter am meisten betroffen sind und darunter zu leiden haben. Um Betroffenen aus diesen Ländern Gehör zu verschaffen, fand am 11. Juni im Rahmen der Mobilisierungstour „Für das Leben… statt G7“ eine Podiumsdiskussion im Leipziger Ost-Passage Theater statt. An dieser nahmen Aktivist*innen aus verschiedenen Regionen des globalen Südens teil, um über die imperialen Praktiken der G7-Staaten in ihren Ländern zu berichteten.

Immer wieder fällt der Begriff des Kolonialismus, der laut der Klimagerechtigkeitsaktivistin Ina-Maria Shikongo in Namibia lange nicht vorbei ist. Viele Gebiete seien noch immer in der Hand europäischer Länder und können daher nicht von der ansässigen Bevölkerung genutzt werden. Vielmehr nutzen große Unternehmen dieser Staaten den aktuellen Status quo, um dortige Ressourcen und Bodenschätze auszubeuten. „Die Firmen kommen gezielt in die Länder des globalen Südens, um die dortigen laschen Umweltstandards auszunutzen“ so Ina-Maria. Zu beobachten sei dies unter anderem in Kavango, einer Region Namibias. Das Feuchtgebiet, welches unzähligen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum bietet und für die Frischwasserversorgung über einer Millionen Menschen sorgt, ist in das Interesse einer kanadischen Ölfirma ReconAfrica gerückt, welche nun die Genehmigung besitzt in dieser Region nach Erdölvorkommen zu bohren. Dies zeigt, dass die Länder der G7 zwar Unterzeichner des Pariser Klimaabkommens sind, trotz dessen jedoch wie im Fall Kavango maßgeblich zur Zerstörung der Ökosysteme beitragen und damit den Klimawandel global weiter befeuern.

Neben Namibia hat auch die Westsahara noch immer mit den Nachwehen des Kolonialismus zu kämpfen. Die Westsahara gilt als die letzte Kolonie Afrikas und ist seit Ende des 20 Jahrhunderts – nach dem offiziellen Rückzug der vorherigen Kolonialmacht Spanien – unter Marokko und Mauretanien aufgeteilt. Seitdem ist die dort ansässige Bevölkerung der aggressiven Außenpolitik Marokkos ausgesetzt. Diese Politik tritt beispielsweise durch die Bombardierung mit Napalmbomben oder der Ziehung eines Grenzstreifens zutage, der durch Minen, Stacheldraht und Steinmauern abgesichert ist.

Trotz dieser verbrecherischen Vorgehensweise scheuen sich europäische Staaten – allen voran die der G7 – nicht davor, mit dem Marokkanischen Königreich weiterhin zu kooperieren. So ging die EU ein Abkommen mit Marokko ein, dass den europäischen Ländern ermöglicht auf dem Gebiet der Westsahara Fischfang zu betreiben, obwohl dies vom europäischen Gerichtshof als illegal eingestuft wurde.

Ähnlichen Repressionen wie der Bevölkerung der Westsahara ist auch jene innerhalb der kurdischen Gebiete ausgesetzt. Die anhaltenden militärischen und ökonomischen Angriffe Erdogans auf die kurdischen Gebiete folgt nun ein erneuter Auswuchs imperialer Politik. So fordert dieser eine Duldung einer militärischen Intervention in der kurdische Autonomiezone. Im Gegenzug würde Erdoğan sein Einverständnis geben, Finnland mit in die NATO aufzunehmen, welches er bislang zurückhält.

Würden die im Juni zusammenkommenden G7 ihr Motto des „Fortschritts für eine Gerechte Welt“ tatsächlich ernstnehmen, würde der derzeitige Politikstil gegenüber Marokko und der Türkei wohl deutlich verändert werden. Damit können wir allerdings nicht rechnen.

Ben Kästner ist Student an einer Leipziger Hochschule und studiert dort Mathematik. Neben seinem Studium ist er bei Die Linke.SDS Leipzig aktiv.