Demokratie zurück an Bayerns Hochschulen!

Demokratie zurück an Bayerns Hochschulen!

Vor einer Woche haben Aktive einen Hörsaal der LMU besetzt. Die Universitätsleitung ließ sie von der Polizei räumen, ohne einmal die Forderungen entgegenzunehmen – diese bleiben jedoch relevant, auch über Bayern hinaus.

Es ist ein symbolträchtiges Datum, an dem sich ein offenes Bündnis aus Studierenden der Ludwigs-Maximilians-Universität München im Hörsaal A240 versammelt – am 13.12., einem Tag, der für den Kampf gegen Polizeigewalt und staatliche Repression steht. Rund 50 Aktivist*innen besetzen den Hörsaal, um ihre Forderungen zu präsentieren – Forderungen, die um finanzielle Unterstützung während dem Studium, nachhaltige Forschung und Lehre sowie demokratische Beteiligung der Studierenden kreisen.

Letzteres ist in Bayern seit den siebziger Jahren Dauerthema. Als einziges Bundesland Deutschlands ist hier die Interessensvertretung der Studierendenschaft in Form einer Verfassten Studierendenschaft (VS) nicht gesetzlich vorgeschrieben. Die Mitbestimmung in Hochschulgremien ist dadurch massiv erschwert.

Aus diesem Grund fordern die Hörsaalbesetzer*innen also endlich ihr Recht ein – unter anderem die Wiedereinführung der VS, mehr Räume für politische Aktivitäten und die Verankerung der studentischen Selbstverwaltung in der Satzung der Universität. »Bei unseren Forderungen handelt es sich eigentlich um ein absolutes Minimum«, meint eine beteiligte Aktivistin. »Vor allem die demokratische Mitbestimmung, die im Rest Deutschlands zumindest in Ansätzen immer gegeben ist, ist keine radikale Forderung.«

Besonders in Anbetracht dessen verwundert die Reaktion der Universitätsleitung, die sich nicht diskussionsbereit zeigte. »Nach ein paar Stunden kam der Präsident der LMU, Professor Bernd Huber, zu uns, drohte mit der Räumung und weigerte sich, unser Forderungspapier auch nur entgegenzunehmen. Das Polizeiaufgebot war absurd. Hörsaalbesetzungen sind ein legitimes demokratisches Mittel.«

Beeindruckende Resonanz

Die drei Säulen der Forderungen sind Soziales, Demokratie und Klima. In Anlehnung an die End-Fossil-Bewegung fordern die Münchner*innen unter anderem die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens, die Ausweitung des veganen Angebots in der Mensa und den Ausbau der Photovoltaikanlagen. Mit Blick auf die horrenden Mieten in der Landeshauptstadt (München ist laut einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte die zweitteuerste Stadt Europas) verlangen die Aktivist*innen den Bau von Wohnheimen sowie stärkere Subventionierung des Studentenwerkes und elternunabhängiges BAföG. Erinnerungen kommen außerdem hoch an die in München sehr einflussreichen »Lernfabriken meutern«-Proteste Ende der 2000er Jahre.

»Insgesamt waren wir beeindruckt von der Resonanz, die wir trotz der kurzen Dauer der Besetzung unter den Studierenden erfahren haben. Zeitweise waren bis zu fünfzig Leute im Hörsaal. Andere kamen und haben uns Essen gebracht, mit uns unsere Forderungen diskutiert und sich allgemein solidarisch und interessiert gezeigt«, erzählt die Aktivistin. Bis auf ein paar Störer aus dem Burschenschafts-Spektrum berichtet sie von Begeisterung. »Wir haben gemerkt, dass unsere Besetzung auch als Mittel diente, um Studierende erst mal auf die Missstände aufmerksam zu machen. Obwohl wir schon nach fünf Stunden geräumt wurden, war es toll, einen Raum zu haben für Austausch und Reflexion.«

Als die Polizei mit Räumung und Anklagen wegen Hausfriedensbruch drohte, entschlossen die Besetzer*innen sich, freiwillig zu gehen. Im Anschluss wurde noch eine Demonstration auf dem Geschwister-Scholl-Platz vor dem Hauptgebäude der LMU abgehalten, die ebenfalls gut besucht war. Die Teilnehmer*innen protestierten gegen das Vorgehen der Universitätsleitung und solidarisierten sich mit der Hörsaalbesetzung.

Die Aktivist*innen haben entgegen der Drohungen der Polizei und des Präsidiums vermutlich nicht mit einer Anzeige zu rechnen, dennoch ist die Verärgerung groß. »Wir sind wütend über die Behandlung, die wir seitens des Präsidiums erfahren haben. Es spricht Bände, dass die Universitätsleitung eher dazu bereit war, unseren Protest zu räumen, als sich auch nur unsere Forderungen anzuhören. Das widerspricht jedem Demokratieverständnis. Die Universität als Ort des Wissens und der Lehre hat sich jeglicher Diskussion verweigert.«

Ein Kampf für uns alle

Die Studierenden an der LMU kämpfen gegen die neoliberale Bildungspolitik des Freistaates Bayern, der unter dem Vorwand der »Wettbewerbsfähigkeit« die demokratischen Rechte der Studierenden, der größten Gruppe der Hochschulmitglieder, unterdrückt und beschneidet (Art. 52 BayHSchG). Die Abschaffung der Verfassten Studierendenschaft 1973 wurde vom damaligen Kultusminister Hans Maier (CSU) damit begründet, dem »linken Sumpf« an den Hochschulen Einhalt zu gebieten. Die Aktivist*innen an der LMU können sich der Unterstützung von Die Linke.SDS daher sicher sein. Der Kampf gegen die neoliberale Marktausrichtung der Universitäten, die strukturelle Verarmung der Studierenden und die Unterdrückung unserer demokratischen Rechte, der in München ausgetragen wird, betrifft den Rest der Bundesrepublik genauso.

Marie-Gulbahar Kartal studiert Gartenbau an der FH Erfurt. In München aufgewachsen, hat sie einen gesunden Hass auf die CSU und die bayerische Hochschulpolitik.

Bildquelle: Bob Jenkin