Aus Fehlern lernen statt sie zu wiederholen

Aus Fehlern lernen statt sie zu wiederholen

Die Landtagswahlen im Osten waren eine große Niederlage, vor allem für die Linke – doch es gibt auch Hoffnung.

Überraschend sind die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen für niemanden. Erschreckend sind sie dennoch. Während die Linke in beiden Ländern enorme Verluste einbüßen muss und die Ampelparteien ebenso als Verlierer der Wahl dastehen, gewinnt die AfD dazu. In Thüringen wird sie sogar stärkste Kraft – erstmals seit 1945 gewinnt wieder eine Partei mit faschistischen Inhalten und Personen eine Wahl in Deutschland. 

Innen vs. Außen statt Unten vs. Oben

Der Erfolg der AfD fällt nicht vom Himmel: Interne Streitigkeiten, wie noch im Frühjahr, scheinen vorerst überwunden und die Wähler*innenbasis ist gefestigt wie nie. Die AfD hat sich im Osten zu einer oppositionellen Volkspartei mit ideologisch gefestigter Wählerschaft entwickelt. Insbesondere die restriktive Migrationspolitik verfängt bei vielen: Die Idee, den bestehenden (materiellen) Kuchen für ihre Klientel günstiger aufteilen zu können, indem man rassifizierte Menschen abschiebt. Statt der Umverteilung von oben nach unten konstruiert die AfD die Feindschaft zwsichen Innen und Außen. Statt neoliberale Ausbeutungsverhältnisse anzugehen, sollen materielle Ungleichheiten verschärft werden. Bei dem Trubel um Abschiebedebatten rücken sozioökonomischen Probleme in Deutschland in den Hintergrund und spürbare materielle Verbesserungen im Leben der Menschen (Mindestlohn, Renten, Bürgergeld, Mieten, …) in weite Ferne.

Dass sich die AfD als glaubhafte Oppositionspartei etablieren kann, hängt in erster Linie mit einem Vertrauensverlust der ehemaligen Wähler*innen der Partei die Linke zusammen. Die Partei hat in den letzten Jahren ihre Glaubwürdigkeit verloren und diese Lücke konnte von der AfD gefüllt werden. Daran änderte auch die Gründung des linkskonservativen Parteiprojekts Sahra Wagenknechts nichts. Verbal stehen die Ampelparteien zwar – vor allem für ihre Haltung in Friedensfragen – berechtigterweise in starker Kritik seitens BSW. Die erhoffte Wähler*innenwanderung von AfD zu BSW blieb allerdings fast vollumfänglich aus.

In Thüringen ist die Vereinnahmung linker Politik zu spüren: Kompromisse und ökonomische Zwänge setzen dem Spielraum linker Parlamentarier und Regierungen in kapitalistischen Wirtschaftsordnungen enge Grenzen. Ähnliches stellte auch schon August Thalheimer 1932 im Hinblick auf den vereinten Kampf gegen den deutschen und internationalen Faschismus fest: »Die parlamentarische Aktion muß (sic!) also der außerparlamentarischen untergeordnet werden. Die Einheitsfronttaktik hat nicht nur nichts mit Koalitionsmanövern mit bürgerlichen Parteien zu tun, sondern schließt sie aus, ist gerade Gegenteil davon.« Der Kampf gegen Ausbeutung, Faschismus und Kapital wird nicht im Parlament gewonnen, sondern auf der Straße.

Und nun?

Linke Kandidat*innen haben allerdings nicht in ganz Sachsen Stimmen an AfD und BSW verloren. In Leipzig konnte Nam Duy Nguyen mit einem Wahlkampf, der darauf baute, die Probleme und Nöte der Menschen in seinem Wahlkreis in persönlichen Gesprächen herauszufinden, den Wahlkreis Leipzig Mitte-Ost gewinnen. In den Wochen vor der Wahl wurde an 50.000 Haustüren geklopft, um mit den Anwohner*innen Gespräche über Miete, Energiekosten, Nahverkehr, Frieden und vieles mehr zu führen. Am Ende standen tausende Wahlzusagen und ein gewonnener Wahlkreis. Nun gilt es, diesen (parlamentarischen) Sieg in (personelle) Stärke auf der Straße zu übersetzen.

Diese Erkenntnisse lassen sich auch auf den Campus übertragen: Nur wenn sich linke Organisierung nicht von Scheinargumenten und Strohmännern vereinnahmen lässt, lässt sich glaubhafte Politik machen. Auch hilft es nicht, das bessere Argument im Programm zu haben, wenn es nicht gelesen wird. Stattdessen können auch am Campus Gespräche mit Kommiliton*innen geführt, gemeinsame Probleme identifiziert und gemeinschaftliche Lösungsansätze erarbeitet werden. Denn nur wenn die Selbstemanzipation aller die Grundlage unseres politischen Handelns ist, lässt sich eine Bewegung aufbauen, die das Potential hat, die Verhältnisse, in denen wir leben, zu ändern.

Julius studiert auf dem Papier Politikwissenschaft in Hannover. Mit Wissenschaft hat das hier aber nix zu tun.