Von Kuba lernen

Von Kuba lernen

Ein Reisebericht von der Internationalen 1.Mai-Brigade auf Kuba

»Voneinander lernen«: Unter dieser Prämisse organisierten wir als SDS mit dem Jugendverband Linksjugend [‘Solid] und der Arbeitsgemeinschaft »Cuba Sí« in der Partei DIE LINKE eine Bildungsreise nach Kuba. Der zweiwöchige Aufenthalt war eingebunden in die Brigaden zum internationalen Arbeiterkampftag und beinhaltete praktische Solidaritätsarbeit, Gespräche mit Organisationen und den Besuch gesellschaftlicher Institutionen.

Sowohl wir als auch unsere kubanischen Freunde stehen vor der Herausforderung, Wege aus der globalen Krise zu finden – ein Unterfangen, das nur gemeinsam gelingt! Trotz Wirtschaftskrieg der USA und daraus folgender wirtschaftlicher Isolation zeigen sich auf Kuba Ansprüche eines Gesellschaftssystems, das den Menschen, seine Würde, Freiheit und Bedürfnisse ins Zentrum rückt und privatem Gewinnstreben Schranken setzt. In einem Gemeindezentrum und einer Schule in Havanna konnten wir erfahren, wie kulturelle Entfaltung und Bildung abseits der Erzeugung von marktkonformen Individuen aussehen kann. Konzepte der aufsuchenden Sozialarbeit, kostenfreien musikalischen, künstlerischen Bildung und Erziehung zum mündigen Umgang mit Technologie spiegeln das Ziel eines Bildungssystems, das an humanistische Ansätze in Deutschland erinnert, die in den Lernfabriken hierzulande bloß hohle Phrasen bleiben. Gleiches gilt für das System der medizinischen Grundversorgung auf Kuba. Im Gespräch mit Ärztinnen einer Familienpraxis – der Basiseinheit des sozialistischen Gesundheitswesens, zu dem auch ein Netz von Polikliniken und spezialisierten Praxen zählt – gab uns einen Einblick in den ganzheitlichen, präventiven Ansatz. Gesundheit und Studium der Medizin sind hier keiner Profitlogik unterworfen. Wer krank ist, bekommt die unter gegebenen Umständen bestmögliche Versorgung. Die Mediziner:innen sind mit ihrem präventiven Wirken darauf orientiert, Gesundheit zu erhalten, statt erst im »Ernstfall« tätig zu werden. Ein eklatanter Unterschied zur ökonomisierten (Nicht-)Versorgung in Deutschland, die sich an den Profitinteressen von Pharmakonzernen orientiert und Behandlung vom Geldbeutel abhängig macht.

Die fortschrittlichen Konzepte im Bereich Bildung und Gesundheit werden allerdings durch eins überschattet, die völkerrechtswidrige Blockade gegen den sozialistischen Inselstaat. Es fehlt an medizinischem Material, mit globalen Produktionsketten besonders von der Blockade betroffen. Dadurch ist Kuba in einer komplexen Lage, die zusätzlich mit der nur langsamen Erholung von den ökonomischen Verwerfungen der Corona-Pandemie und Problemen in anderen Bereichen einhergeht. Anstrengungen der kubanischen Seite dagegen wurden zwar eingeleitet, brauchen aber auch internationale Solidarität. Solange Deutschland sich nur formal von der durch die UN geächteten Blockade abwendet, seinen Worten aber keine Taten folgen lässt, ist Kubas Handlungsspielraum eingeschränkt.

Als Studierende schöpfen wir gerade aus den Erfahrungen der Kommilitonen Kubas Hoffnung. Unter dem Dach der »Federación Estudiantil Universitaria« (FEU) haben sie die Kämpfe um nationale Befreiung und die humanistische, antikapitalistische Entwicklung ihres Landes entschieden beeinflusst.  Bereits ihre Gründung 1923 zeigte ihr politisches Programm. Einerseits strebten sie demokratische Reformen an der Universität an, andererseits machten sie deutlich, dass Wissen und Bildung in die Hände der Mehrheit der Bevölkerung gehören, was sich in der Gründung einer Volksuniversität ausdrückte. Wir wollen diese Pfade aufnehmen und streiten gemeinsam mit unseren kubanischen Genossen für eine Welt, in der kein Mensch seiner Perspektive durch Krieg, Umweltzerstörung, Krankheit und Armut beraubt ist.

Um es mit Worten des FEU-Gründers Julio Antonio Mella zu sagen: »Jugend, denke daran, dass du ein wertvoller Schatz bist und dass die schmerzerfüllte Menschheit davon träumt, durch den kraftvollen Impuls deiner Träume und deine Energie regeneriert zu werden! Denkt daran, dass die Universität die Schmiede ist, in der die Kämpfer von morgen geschmiedet werden. Gebt jetzt nicht auf […]«

Julio Antonio Mella, Los falsos maestros y discípulos (deutsch: Die falschen Lehrer und Jünger), 16.11,1924