Eure Ordnung ist auf Sand gebaut – Gegen den autoritär-militaristischen Umbau, hin zur friedensorientierten Hochschule

Eure Ordnung ist auf Sand gebaut – Gegen den autoritär-militaristischen Umbau, hin zur friedensorientierten Hochschule

Das „Hochschulstärkungsgesetz NRW“ soll uns Studierenden – die die große Mehrheit der Menschen an der Hochschule darstellen – ein Viertel der Plätze in allen Gremien (abgesehen vom undemokratischen Hochschulrat) einräumen . Das wäre tatsächlich ein Fortschritt, weil es aktuell noch weniger sind. Es soll Lösungsstrategien für Machtmissbrauch bieten, den Fachkräftemangel bekämpfen und die soziale Lage der Studierenden durch ein 0. Semester beim BAföG verbessern – also einen entwas längeren BAföG-Bezug möglich machen.

Doch ein genauerer Blick auf den Gesetzesentwurf zeigt ein anderes Bild. Der Gesetzesentwurf enthält weitreichende problematische Änderungen – darunter die de facto Abschaffung der Zivilklauseln und ein neues Sicherheits- und Ordnungsrecht, das repressive Maßnahmen gegen unliebsame Meinungen erleichtert. 

Dabei ist klar: dieses Gesetz steht nicht isoliert, sondern als politischer Vorstoß im Kontext der Auseinandersetzungen um die internationalistische, friedensstiftende oder national formierende und kriegsvorbereitende Ausrichtung der Wissenschaft. Es ist der autoritäre Versuch, die demokratische Selbstverpflichtung von Studierenden und Wissenschaftler*innen für friedliche und sozial-ökologisch gerechte Zwecke zu forschen mit Gewalt von oben zu unterbinden. Für uns heißt das, umso entschiedener in allen Fachbereichen mit unseren Kommiliton*innen und Kolleg*innen die Zivilklauseln zu beleben!

Im Folgenden findet sich ein Antrag an den Landesparteitag der Linken NRW, in dem wir unsere Kritik am Hochschulstärkungsgesetz umfassend darlegen. Aktuell organisieren sich ASten, Senate und weitere Hochschulgremien, um offizielle Stellungnahmen zu dem Gesetz zu verfassen. Diese werden an den Landtag übermittelt, bis dieser den Entwurf nächstes Jahr behandelt. Dieser Antrag soll unter anderem dafür als Argumentationsgrundlage dienen.

Zeitenwende und die Hochschulen

Die aggressive Verteidigung der Interessen des westlichen imperialistischen Blocks gegen das zunehmende Streben nach Selbstbestimmung und ökonomischer Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonien (insbesondere repräsentiert durch China und die BRICS-Staaten) mündet in einer umfassenden Militarisierung der BRD.

Der westliche (Neo-)Liberalismus hat sich in eine Sackgasse manövriert und befindet sich in existenzieller Krise. Um sich gegenüber dem Globalen Süden zu behaupten, greift der Westen zunehmend zu drastischeren und brutaleren Maßnahmen. Gleichzeitig gibt es ein kontinuierliches Erstarken von extrem rechtem Anti-Liberalismus innerhalb der Länder und der herrschenden Klasse gehen die Antworten auf die anhäufenden Krisen aus. In dem Versuch diesen Stand zu halten, werden immer mehr Zugeständnisse und ideologische Einschränkungen notwendig.

Die aggressive Außenpolitik wird begleitet von einem umfassenden sozialen Kahlschlag. Bildung und Wissenschaft spielen dabei eine zentrale Rolle. Die Wissenschaft soll, wie es beispielsweise das vom BMBF unter Stark-Watzinger entworfene „Positionspapier zur Forschungssicherheit in der Zeitenwende“ (2023) [1] zeigt, zunehmend der Außenpolitik unterworfen werden. An den Hochschulen spitzt sich der Konflikt zwischen internationaler Kooperation und aggressiver nationaler Abschottung zu. Technologieentwicklung und ideologische Integration sind entscheidend für den Erfolg des angestrebten militaristischen Umbaus.

Vor allem unter dem Schlagwort der „Zeitenwende“ wird dies nun im „Deutschlandtempo“ vorangetrieben. Unmittelbar nach der Eskalation des Ukrainekrieges brach die Bundesrepublik alle institutionellen Wissenschaftskooperationen mit Russland ab; „Zeitenwende“ soll gleichzeitig die Wendung gegen China als „systemischen Rivalen“ begründen, sodass auch hier wissenschaftliche Zusammenarbeit „realistisch“ und unter Einbeziehung geheimdienstlicher Methoden gestaltet und ins Visier von Sanktionen genommen werden soll, begleitet von massiver sinophober Hetze von höchster Stelle. [2]
Neue Drittmittelprojekte aus EU-Geldern erlauben für „strategisch wichtige Technologien“ nur noch Kooperationen mit EU-Mitgliedsstaaten, Island, Norwegen und Israel [3]; europäische Forschungsgelder sollen nur noch für Dual-Use-Projekte gebilligt werden [4], womit die kalkulierte Unterfinanzierung an der neoliberalen Hochschule ausgenutzt wird. Die Verpflichtung der Wissenschaft zur Unterstützung sozial förderlicher Zwecke sowie der zivile Charakter der Hochschulen – ein von der UN beanspruchtes und nach wie vor unter den Forschenden verbreitetes Selbstverständnis, das aus dem Sieg über den deutschen Faschismus hervorging – werden zunehmend ausgehöhlt. Durch gesetzliches Maßregeln und persönliche Drohungen wie in der Fördermittelaffäre [5] (ein Vorgehen, das nach der neuen Antisemitismusresolution aus der Schmuddelecke rehabilitiert wird) sollen die vor allem in NRW einflussreichen Bestrebungen der wissenschaftlichen Arbeiter*innen nach nichtmilitärischer, friedlicher, sozialökologisch gerechter Forschung und Lehre mit Gewalt zurückgedrängt werden.

„Autoritärer Umbau für den Krieg“, das ist die treffende Beschreibung für diese Offensive. Für alle demokratischen und linken Kräfte heißt das: Umso gezielter unsere politischen und kulturellen Errungenschaften verteidigen, gegen Krieg und Aufrüstung und für friedlichen sozialen Fortschritt kämpfen!

Zuspitzung im NRW-Hochschulgesetz

Diese Entwicklungen spitzen sich im neuen Entwurf des Hochschulgesetzes in NRW zu.

Das „Hochschulstärkungsgesetz“ [6] wird als Antwort auf den „Fachkräftemangel“ präsentiert und versucht, eine Attraktivitätsoffensive sowie einen Ausbau von „Lebenslangem Lernen“ zu starten. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund sinkender Studierendenzahlen. [7]

Es stilisiert sich als Vorstoß gegen Machtmissbrauch und Diskriminierung und für sicherere Universitäten, was auf einige, medial groß dokumentierte Fälle von Machtmissbrauch in letzter Zeit zurückzuführen ist.

Auch hier gehen der Landesregierung die Antworten aus, und sie muss klaffende Widersprüche und Einschränkungen in Kauf nehmen, um irgendwie im Konkurrenzkampf mitzuhalten:

„Zweckmäßige Umgestaltung der Zivilklauseln“ [1]

In Zeiten der Vorbereitung von kriegerischen Zuspitzungen sollen die Bestrebungen der Studierendenschaft und Beschäftigten, für friedlichen und sozialen Fortschritt an den Hochschulen in NRW von der schwarzgrünen Landesregierung mit einem Angriff auf die Friedensklauseln in den hochschuleigenen Grundordnungen im Zaum gehalten werden. Diese aus der verfassungsrechtlich garantierten Hochschulautonomie abgeleitete Möglichkeit zur Selbstverpflichtung auf friedliche, demokratische und nachhaltige Zwecke wird zunächst formal bestätigt, nur um im nächsten Schritt bestehende und zukünftige Zivilklauseln zu untergraben. „Krieg ist Frieden“, erklärt die Landesregierung mit der Ankündigung, dass eine Friedensorientierung der Rüstungsforschung nicht widersprechen könne, wenn diese der Durchsetzung bundesrepublikanischer – und explizit auch der NATO-Interessen – in der Welt diene.

Diese Gleichsetzung stellt die Lehren aus der Überwindung des Faschismus auf den Kopf. Wie auch in der zunehmenden militaristischen Werbung in Schulen und im Rahmen des „Neuen Wehrdienstes“ [8] zeigt sich, dass hier ein Kampf um die Köpfe geführt wird. Auch wenn eine Zwangsöffnung der Hochschulen fürs Militär wie im bayrischen Bundeswehrgesetz [9], nicht gefordert wird, ist klar: Unterfinanzierte Hochschulen können die lukrative Verwertung ihrer Ergebnisse durch militaristische Institutionen und Thinktanks schwer ablehnen. Auch der neue explizite Verweis auf die Friedlichkeit der global aggressiven NATO stellt die Marschrichtung klar und zeigt einmal mehr; es geht nicht nur um einen speziellen Krieg, sondern um die Verteidigung imperialistischer Interessen überhaupt.

Autoritärer Umbau

Im Verlauf des letzten Jahres, in dem unzählige Menschen in Gaza mit deutschen Waffen getötet wurden, formierten sich an den Hochschulen vermehrt palästinasolidarische Bündnisse und Proteste. Diese wurde von den Rektoraten in der Regel nicht allzu gern gesehen. Denn was bei der Fördermittelaffäre [5] noch skandalisiert wurde, soll nun mit dem Hochschulgesetz seine rechtliche Grundlage finden. Als Rechtfertigungsstrategie wird dabei die Bekämpfung von Machtmissbrauch und Diskriminierung herangezogen.

Das Gesetz erweitert also das „Ordnungsrecht“, unter dem die Hochschulen gegenüber den Studierenden Bestrafungen verhängen können.

Zur Einordnung: Das Ordnungsrecht ist ein Relikt aus dem Mittelalter, mit dem Hochschulen ein eigenes Gericht aufbauen konnten, um ihre Mitglieder zu bestrafen. In der NS-Zeit wurde es verwendet um jüdische und dissidente Studierende aus dem Weg zu räumen. Während der 68er Bewegung wurde es gegen protestierende Studierende eingesetzt. Die daraufhin angestoßenen Reformen führten dazu, dass das Ordnungsrecht formell lediglich die „öffentliche Ordnung“ sicherstellen soll. [10]

Im Hochschulstärkungsgesetz, soll der Bestrafungskatalog um Hausverbote, Kontaktverbote und Ausschluss von der Hochschule auf Zeit, erweitert werden. Neu hinzu kommen die „Redlichkeits- und Sicherheitsrechtliche Bestimmungen“. Eine Erweiterung des Ordnungsrecht auf alle Hochschulmitglieder, außer Rektoraten und Dekanaten.

Die Ordnungsverstöße, für die man bestraft werden kann, werden ebenso ausgeweitet und bestrafen eine ganze Reihe neuer Taten, wahrscheinlich bis hin zu einer Bestrafung für bloße Zwischenrufe in Vorlesungen. Die größten Änderungen entstehen hierbei im Redlichkeits- und Sicherheitsrecht.

Über die Strafen und deren Intensität soll mit „Pflichtgemäßem Ermessen“ entschieden werden. Dieses Ermessen soll so sehr gewichtet werden, dass alle Maßnahmen bis auf die Exmatrikulation, die Drohung dieser und die Rüge, auch ohne Beweise verhängt werden können. Stattdessen reicht auch ausreichender „tatsächlicher Anschein“, was nicht weiter definiert wird.

Hierbei wird eine fragwürdige Praxis vorgeschlagen, bei der die Hochschulen sowohl redlichkeits- und sicherheitsrechtliche als auch ordnungsrechtliche Verfahren an Externe übertragen können und Beweisgrundlagen in staatlichen Verfahren entweder übernehmen oder auch ignorieren können. Noch hinzu kommt die Möglichkeit, bei Prüfungen Sicherheitsdurchsuchungen durchzuführen.

Eine strukturelle Bekämpfung von Machtmissbrauch, (sexualisierter) Gewalt und Diskriminierung wird nicht angegangen, da “ Machtmissbrauch im wissenschaftlichen Zusammenhang [als] kein besonderes strukturelles Problem, sondern individuelles menschliches Versagen“ [11] vom Ministerium eingestuft wird.

Nicht die Bedürfnisse der Betroffenen sollen zählen, sondern die konservative Grundüberzeugung einer polizeilichen Law-und-Order-Politik.

Öffnung der Türe für Kapitalinteressen

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und aus Angst, in der Blockkonfrontation im Bereich moderner Technologien nicht zurückgelassen zu werden, versucht die Landesregierung Wissenslücken in der Industrie zu schließen. Hierfür sollen große Teile der Hochschule auf Weiterbildung umgemünzt werden. Historisch sind diese Weiterbildungsstudiengänge mit hohen Kosten versehen, die übliche Arbeitende in der Industrie wahrscheinlich nicht selbst stemmen könnten. So müssten sie vom Arbeitgeber finanziert werden. Schon jetzt bieten Hochschulen vereinzelt Unternehmen an, nur für sie einen Studiengang zu entwerfen und ihren Mitarbeiter*innen diesen anzubieten. [12]

Bei der geplanten Ausweitung würde sehr schnell ein relevanter Anteil der Finanzierung der Hochschulen aus der Industrie kommen. Somit würden Stellen von Unternehmen abhängen und es würde der Industrie einen großen Einfluss über die Hochschulen schenken.

Für die Freiheit von Lehre und Forschung wäre es enorm schädlich und die Universitäten als Institutionen mit der Freiheit Kapitalinteressen zu kritisieren, wären noch weiter bedroht.

Und sonst?

Außer den drei markanten Änderungen gibt es viele kosmetische Änderungen, die diesem Anspruch der Attraktivität nachkommen sollen.

Ein wenig Digitalisierung hier, ein wenig Internationalisierung dort und etwas Lippenbekenntnis zur Gleichstellung.

Tatsächlich begrüßenswert ist der Vorschlag der Viertelparität im Senat, der momentan eine deutliche professorale Mehrheit besitzt.

Nun sollen im Hochschulrat auch Interessensvertreter*innen der Gesellschaft sitzen können. Trotzdem behält er seine fundamental antidemokratische Verfassung. Er befugt immer noch über unerklärlich viel Macht über das Rektorat und bleibt als effektiv selbstreproduzierendes Organ. So wird er im Endeffekt immer noch ein übermächtiges Gremium, mit Mehrheit externer Unternehmensvertreter*innen, die Kontrolle über die Hochschulen ausüben, bleiben.

Um ein wenig was für die Soziale Lage zu tun, wird ein BAföG-relevantes 0. Semester eingeführt, was als eine Übernahme einer langzeitigen gewerkschaftlichen Forderung durchaus positiv zu bewerten ist.

Allgemeines Fazit

Als Gesamtbild scheint das Gesetz, als würde die Landesregierung den Studierenden und allen Hochschulangestellten ins Gesicht spucken.

Im Jahr 2022 waren über ein Drittel der Studierenden armutsgefährdet, was für diejenigen, die nicht bei ihren Eltern wohnen, auf über zwei Drittel ansteigt [13]. Seit mehreren Jahren stagniert die Finanzierung der Studierendenwerke bei gleichzeitiger Inflation. Das bedeutet, bei steigenden Lebensmittel- und Strompreisen, müssen Mensa- und Mietpreise gegenüber Beschäftigungsbedingungen abgewägt werden.

Gegenüber der prekären Lage, in der sich Studierende befinden, ist das 0. Semester ein Scherz.

Unter diesen Bedingungen ist die geplante Demokratisierung auch nur Schall und Rauch, denn wer soll noch die Zeit haben sich intensiv in Gremienarbeit einzubringen, wenn über die Hälfte der Studierenden neben ihres Vollzeitstudiums im Semester noch einer weiteren Tätigkeit nachgehen müssen und zwei Drittel während der Semesterferien [14]. 68% fühlen sich durch Stress erschöpft [15], was insgesamt keinen großen Anteil übriglässt, diesen Gremien angemessen viel Energie zu widmen. Studentisches Engagement wird so zunehmend zu einem Luxus, den sich kaum eine*r leisten kann, demokratische Mitbestimmung ist so bloß noch für die reicheren Studierenden möglich.

Die Prüfungsordnungen werden auch nicht angegangen, obwohl sie ein sehr effektives Mittel sind, um die Studierbarkeit zu erhöhen und es genug hochschuldidaktische Empirie [16] gibt, die hierbei leiten könnte und auf relativ bewährte Studienordnungsmodelle, wie zum Beispiel in Bielefeld, zurückgreifen könnte.

Anstatt sich mit realen Ursachen von Diskriminierung und Machtmissbrauch zu stellen und an Lösungsansätze zu entwickeln, werden diese kategorisch verleugnet und die Hochschulangehörigen selbst als das Problem benannt.

Unter dieser Prämisse wird durch das Gesetz ein Klima der Angst geschaffen.

All das verschärft die reale Problematik geschlechtsbezogener Gewalt und Diskriminierung. Kettenbefristung, Konkurrenzdruck unter Studierenden und Kolleg*innen, die hierarchische Struktur der Professorenuniversität ermöglichen die Übergriffigkeiten und erschweren es, diesen solidarisch entgegenzuwirken. Wenn die Wissenschaftsfreiheit und der Anspruch des Friedens, als ein individualisiertes Konzept missverstanden werden, wird die Frage der Rüstungsforschung auf einzelne Forschende abgewälzt.

Schon jetzt führen knappe Mittel ohne Hoffnung auf Erhöhung zu brutalen Rangeleien zwischen Fakultäten an den einzelnen Hochschulen. Dies wird sich nur verschlimmern und der einzige Ausweg, der bei den meisten Fakultäten mit niedrigen Drittmittel einnahmen bleiben wird, ist der Verkauf von Studienplätzen an ein Unternehmen.

Offensichtlich wurde aufgegeben, die rückläufigen Studierendenzahlen durch eine soziale Öffnung der Hochschulen oder andere Maßnahmen zu kompensieren. Stattdessen sollen diese freien Kapazitäten nun für Angestellte von Unternehmen genutzt werden, die eine Parallelwelt zum restlichen Studienalltag bilden. Die hierfür geschaffenen „Studiengänge“ werden sehr spezialisiert, entfremdet und rein wirtschaftliche orientiert sein. Diese Unternehmen, mitsamt all ihren Partikularinteressen, sollen dann die Lücken in den Haushalten der Hochschulen füllen.

Anstelle der offen kriegstreiberischen Rhetorik, mit der Gesetze in zum Beispiel Bayern verabschiedet werden, bleibt hier eine liberale Fassade erhalten. Trotzdem bleiben die Ziele gleich und die Hochschulen sollen genauso wie in Bayern der militärischen Zeitenwende unterworfen.

Denn soll diese gelingen, müssen die Hochschulen dafür auf Kurs gebracht werden. Dort wird die Technologie entwickelt, die für die zunehmend technologisierten Kriege notwendig ist. Gleichzeitig ist ein Fluss an neuen Technologien nötig, um nicht von den Weltmächten abgehängt zu werden. Die dafür spezialisierten Arbeitskräfte müssen auch an den Hochschulen ausgebildet werden. Zudem haben Hochschulen eine Hegemonie über die gesellschaftlich anerkannte Wahrheit.

Durch den neuen Gesetzesentwurf versucht man in NRW, das aufklärerische Potenzial der Hochschulen einzudämmen.

Wo sollen die Hochschulen stattdessen hin?

Die Hochschulen waren immer auch Orte des Widerstands und vor allem ein Motor des sozialen Fortschritts. Die Studierendenschaften waren ein tragender Teil der Friedensbewegung des letzten Jahrhunderts.

Jeder Euro, der in die Bildung geht, kann nicht für das Militär ausgegeben werden und trägt dazu bei, die Kriegserzählungen zu durchschauen und Erkenntnisse für soziale Entwicklung zu bilden.

Also braucht es gerade jetzt Aufbruch an den Hochschulen. Es ist dringender denn je, für eine Finanzierung der Hochschulen zu streiten, die nicht auf Exzellenz und Konkurrenz beruht, sondern auf ausreichender Grundfinazierung, die solidarisch und demokratisch, im Interesse der gesamten Hochschule und Gesellschaft verteilt werden. Nur so besteht die Möglichkeit ernsthaft gegen Gewalt und Machtmissbrauch vorzugehen. Nur durch eine massive Entfristung und Entprekarisierung, kann es wirklich zu einer Freien Wissenschaft kommen. Soziale Not und äußerer Sachzwang führen immer zu Nötigung und Selbstzensur und sind unvereinbar mit wirklich freiem Forschen und lehren. Nur ohne den massiven Konkurrenzzwang kann die Herrschaft der blutigen Ellenbogen überwunden werden und ein solidarisches Miteinander ermöglicht werden.

Es bedarf realer sozialer Öffnung der Hochschulen.

Flächendeckend müssen NCs abgebaut werden, Anwesenheitspflichten und Studienleistungen auf ein Minimum reduziert werden. Lebenslanges Lernen ist ein bemerkenswertes Ziel, muss aber statt einer Vereinnahmung, zu einer Durchmischung der Studierendenschaft heißen. Leute aus verschiedenen Hintergründen, ohne Abitur, mitten im Beruf, in der Rente und frisch aus der Schule müssen miteinander studieren und sich gemeinsam weiterbilden.

Studierendenwerke müssen eine wirklich ausreichende Finanzierung bekommen, mit der sie ihrer enorm wichtigen Aufgabe gut nachkommen können.

Generell ist ein BAföG für alle, unabhängig von sozialer oder staatlicher Herkunft als Vollzuschuss und in menschenwürdiger Höhe auch äußerst notwendig.

Daueraufgaben brauchen Dauerstellen und alle Leute, die an der Hochschule arbeiten, sollten dort auch angestellt sein und die Uni mitgestaltet können.

Die Hochschulen müssen demokratische Institute, Fachbereiche und Fakultäten haben, bei denen keine Einzelpersonen die gesamten Haushalte und alle Stellen kontrollieren. Stattdessen müssen diese demokratisch aufgebaut werden. Die Demokratisierung muss sich durch alle Teile der Uni hindurch ziehen, auch bis ans Hausrecht, bei gleichzeitiger Ermöglichung der Partizipation aller, denn Wissenschaft wird nicht nur von denjenigen mit wichtigen Titeln gemacht, sondern allen Hochschulmitgliedern!

Eine wirklich freie Wissenschaft, die sich in den Dienst der Allgemeinheit stellt, hat die Möglichkeit wirkliche Perspektiven und Aufklärung, dem aktuellen Kriegskurs entgegenzusetzen und sich für den Frieden einsetzen. Nur so kann die bereits extrem fortgeschrittene Klimaforschung, auch eine Eingreifende und proaktive Rolle einnehmen, die für die ökologischen Transformation notwendig wäre.

Hierfür bräuchte es breitere Diskussionen innerhalb der Universitäten, über den Charakter der Wissenschaftsfreiheit mit Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und als Kraft für Aufklärung, Frieden und sozialen Fortschritt und eine gesetzliche Regelung dessen.

Genau diese Diskussion werden wir losstoßen und dafür sorgen, dass die Hochschulen zu Institutionen werden, diesen Ansprüchen nachkommen können!

[1] https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/kurzmeldungen/de/2024/03/240311- positionspapier-forschungssicherheit.html

[2] https://www.welt.de/wirtschaft/article248256370/Hinter-jedem-chinesischen-Forscher- kann-sich-die-Partei-verbergen.html

[3] https://research-and-innovation.ec.europa.eu/funding/funding-opportunities/funding- programmes-and-open-calls/horizon-europe/horizon-europe-work-programmes_en

[4] https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/14060-RD-on- dual-use-technologies-options-for-support_en

[5] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/stark-watzinger-foerdergeld-100.html [6] https://www.mkw.nrw/themen/wissenschaft/wissenschaftspolitik/hochschulgesetz

[7] https://www.it.nrw/nrw-staerkster-rueckgang-der-studierendenzahl-seit-fast-20-jahren- trotz-steigender-zahl-126598

[8] https://www.bmvg.de/de/neuer-wehrdienst
[9] https://www.bayern.de/wp-content/uploads/2024/02/Entwurf-Gesetz-zur-Foerderung-der-

Bundeswehr.pdf
[10] https://uni-koeln.sciebo.de/s/DE9dpM1MUZcH5Ko

[11] https://www.land.nrw/pressemitteilung/starke-hochschulen-sichere-hochschulen- hochschulstaerkungsgesetz-fuer-mehr-schutz

[12] https://business-school.uni-koeln.de/de/unternehmensprogramme
[13] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/08/PD24_N044_62.html

[14] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/201632/umfrage/umfrage-zum-parallelen- arbeiten-neben-dem-studium/

[15] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1495873/umfrage/verbreitung-von- psychischen-belastungen-unter-studierenden-in-deutschland/

[16] https://studienreform-forum.de/de/