25 Nov. Warum Antimilitarismus und Feminismus zusammen gehören
Die Bundeswehr soll weiblicher gemacht werden und die NATO ist jetzt woke. Höchste Zeit, über feministische Perspektiven in der Friedensbewegung nachzudenken.
Im Jahr 2024 gibt es so viele bewaffnete Kriege wie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr. Seit 2022 tobt der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, im Nahen Osten forderte der in Gaza seit Oktober 2023 über 35.000 Todesopfer. Auch im Jemen, Sudan, Südsudan, Kongo, Afghanistan, Syrien und vielen weiteren Regionen der Erde herrschen bewaffnete Konflikte. Statt sich für Frieden und Lösung von Konflikten einzusetzen, exportiert Europa weiter Waffen in Kriegsgebiete und rüstet gleichzeitig selbst auf. So sind nach einem aktuellen Bericht des Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) zwischen 2019 und 2023 die Großwaffen-Importe europäischer Staaten im Vergleich zum vorangegangenen Fünfjahres-Zeitraum um etwa 94 Prozent gestiegen. Dabei stammen die meisten dieser Waffen aus den USA.
Auch Deutschland setzt auf Aufrüstung, um wieder kriegstüchtig zu werden. Für die Bundeswehr wurden 100 Milliarden Euro Sondervermögen anberaumt, Verteidigungsminister Boris Pistorius möchte die Bundeswehr wieder popularisieren und junge Menschen zur Karriere im Heer überzeugen. Außerdem sollen im kommenden Jahr zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges wieder US-Raketen in Deutschland stationiert werden – alles der Beginn eines neuen Rüstungswettlaufs.
Angst und Unsicherheit bieten Raum für rechte Ideologien
Im selben Licht muss auch der globale Rechtsruck betrachtet werden, der sich vor allem in der Verschärfung der europäischen Asylpolitik äußert. Geflüchtete werden kriminalisiert und bereits an den EU-Außengrenzen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten. Es wird eine Bedrohungslage gezeichnet und ein Klima der Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung geschaffen. Das spielt am Ende nur rechten Narrativen in die Hände.
Gerade jetzt bräuchte es eine starke solidarische und friedensorientierte Politik, um ein gutes Leben für alle zu ermöglichen. Doch die Friedensbewegung stagniert, es gelingt nicht breite Mehrheiten in der Bevölkerung zu mobilisieren. Auch die Linke schafft nicht mehr, sich als Friedenspartei darzustellen – zu gespalten ist sie in Fragen von Waffenlieferungen und Palästinasolidarität.
Kämpfe zusammen denken
Die Lösungen für unsere sozialen und strukturellen Probleme liegen weder darin, Geflüchtete abzuschieben, noch in rechten Politiken wie Militarisierung. Stattdessen brauchen wir eine Friedensbewegung, die auf Solidarität basiert und eine Gegenmacht zur aktuellen politischen Richtung der Aufrüstung darstellt.
Mit dem Rechtsruck steigt auch der Antifeminismus in der Gesellschaft. Rechtsextreme Parteien werben mit offener Transfeindlichkeit und der Rückkehr zur heteronormativen Kleinfamilie, während die feministische Bewegung bis zum 8. März in linken Zentren wartet und Partys organisiert. Wie die Friedensbewegung nutzt sie momentan ihr Mobilisierungspotenzial nicht gut aus. Obwohl sowohl die Friedens- als auch die feministische Bewegung wichtige Themen adressieren, fehlt es an funktionierenden Strategien. Was die feministische Bewegung kann, ist integrationsfähig in andere Bewegungen zu sein. Das hat sie der Friedensbewegung vielleicht voraus.
Für eine funktionierende Mobilisierung der Gesellschaft braucht es klassenübergreifende Bündnisarbeit und eine Verbindung von Perspektiven, um die Tragweite der Kämpfe und deren Bedeutung für uns alle aufzuzeigen. So kann der Kampf für Frieden und Abrüstung nicht unabhängig von feministischen Perspektiven gedacht werden, genauso wie der Rechtsruck und die Aufrüstung nicht unabhängig von antifeministischen Tendenzen betrachtet werden können. Schließlich sind es Frauen und queere Menschen, die am stärksten von Kriegsverbrechen und Gewalt betroffen sind. Gegen Krieg und Aufrüstung zu kämpfen, heißt auch gegen patriarchale Strukturen und Unterdrückung zu kämpfen. Aus diesem Grund könnte ein feministischer Blick die Friedensbewegung nicht nur bereichern, sondern eine klarere Perspektive bieten.
Breite Bündnisse für breite Mehrheiten
Sowohl die Friedens- als auch die feministische Bewegung schaffen es aktuell nicht, sich als Massenbewegungen zu etablieren. Deshalb lohnt es sich, gemeinsame Strategien zu suchen und Perspektiven zusammen zu denken. Eine erfolgreiche Friedensbewegung muss Brücken schlagen: Wir müssen Bündnisse aus Gewerkschaften und Parteien bis zu autonomen feministischen Gruppen und Jugendlichen bilden, um unsere Forderungen nach Abrüstung und Frieden zu einer Massenbewegung zu machen!
Ronja (26) studiert ab Oktober International Area Studies in Halle und ist im Leipziger SDS aktiv. Am liebsten möchte sie das Patriarchat zerschlagen.
Mara (26) ist seit 5 Jahren im SDS aktiv, beschäftigt sich vor allem mit Feminismus und ist Leipzigs nervigste politische Lesbe.