Wie die Klimabewegung gewinnen kann

Wie die Klimabewegung gewinnen kann

Die Klimabewegung muss das Bündnis mit den Beschäftigten suchen – Aron erläutert, warum der SDS alle klimapolitisch interessierten Aktivist*innen im Oktober zum System Change Kongress einlädt.

Die globale Bedrohung der Klimakrise hat im Jahr 2019 alleine in Deutschland bis zu 1,4 Millionen Menschen auf die Straße gebracht. Die Klimastreiks waren die größten Proteste seit 1953. Trotzdem haben sie die Politik kaum beeinflusst. Es gab, wenn überhaupt, nur stellenweise milde Reförmchen, die viel zu klein waren, um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen. Der Meeresspiegel steigt, Dürreperioden bedrohen die Ernten und spätestens seit den Überschwemmungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr sind die direkten Auswirkungen der Klimakrise auch in Deutschland deutlich spürbar.

Die Herrschenden investieren in bessere Warnsysteme und bauen höhere Deiche. Sie versuchen, die Folgen des globalen Klimawandels zu kaschieren, anstatt die Behebung seiner Ursachen endlich anzugehen.

Das ist auch den Klima-Aktivist*innen von Fridays for Future, Ende Gelände oder Extinction Rebellion klar. Und der Frust darüber ist riesig. Um die Politik zum Handeln zu zwingen, werden derzeit zwei strategische Ansätze in der Bewegung diskutiert.

Zum einen gibt es das „Weiter so“-Lager. Der politische Druck soll durch noch größere, besser organisierte, regelmäßige Klimastreiks stetig erhöht werden. Zusätzlich wird vermehrt auf Lobbyarbeit gesetzt. Dieser Ansatz hat sich seit 2019 nicht sonderlich weiterentwickelt und im Wesentlichen handelt es sich um reinen Protest mit Appellcharakter.

Zum anderen existiert der Ansatz des zivilen Ungehorsams und der friedlichen Sabotage. Dabei sollen, wie bei der Besetzung von Kohlebaggern durch Ende Gelände, fossile Energieträger oder die kapitalistische Infrastruktur getroffen werden. Ein weiteres Beispiel dafür sind die Blockaden von Autobahnen und des Hamburger Hafens durch die Kleinstorga „letzte Generation“.

Beide Strategien sind nachvollziehbar und legitim. Doch weder der Appell an die Herrschenden noch die Protestaktionen einer radikalen Minderheit können die notwendige Kraft aufbringen, die Systematik hinter der Klimakrise zu überwinden.

Als Sozialist*innen sind wir davon überzeugt, dass es für den notwendigen, radikalen Bruch mit diesem System breite gesellschaftliche Mehrheiten braucht. Nur durch diese kann, neben der durch Apelle erzielten politischen Macht, auch ausreichend ökonomische Macht erkämpft werden!

Wenn die Hafenarbeiter*innen in Hamburg die logistischen Abläufe des Kapitals bestreiken würden, träfe dies das Kapital viel härter als die Blockade einer Minderheit, die dabei zusätzlich die Arbeiter*innen gegen sich aufbringt: Da unter der aufgestauten Mehrarbeit zunächst nur die Arbeiter*innen leiden, sehen sie sich in ihren Interessen von der Klimabewegung nicht berücksichtigt.

Wir haben uns gefragt, wie es die Klimabewegung schaffen kann, noch stärker zu werden. Wir schlagen vor, das Bündnis mit den Beschäftigten zu suchen, statt sie zu den Leidtragenden des Protests zu machen. Für dieses Bündnis muss die soziale Frage unbedingt in die Klimafrage einbezogen werden. Wieso sollten sich Menschen aus den Betrieben mit der Klimabewegung gemein machen, wenn Forderungen, wie die CO2-Bepreisung, am Ende auf die sozial Schwachen abgewälzt wird? Wieso für den Ausbau im ÖPNV kämpfen, wenn nicht zeitgleich die Verbesserung der Arbeitsbedingungen gefordert wird?

Solch ein Bündnis kann nur lokal entstehen. Deshalb müssen wir die Beschäftigten einbeziehen und eine gemeinsame Strategie entwickeln, die niemanden außer Acht lässt. Für diese sozial-ökologische Klassenpolitik braucht es ein gewisses Maß an Fingerspitzengefühl, um die richtigen Forderungen richtig zu artikulieren und dabei noch überzeugend zu sein. Um das zu erreichen schlagen wir politischen Klimaaktivist*innen vor, sich auf unserem Kongress als Organizer*innen ausbilden zu lassen. Organizer*innen sind Menschen, die über das methodische und praktische Wissen verfügen, eben diesen Schulterschluss herzustellen. Das ist beispielsweise mit der strukturellen Erschließung von Bündnispartner*innen oder einem vorher eingeübten Gewinnungsgespräch für das gemeinsame, konkrete Projekt möglich.

Vom 28. – 30. Oktober werden wir auf dem „System Change Kongress“ in Leipzig zusammenkommen. Dort wird es Schulungen und Diskussionen über den Zusammenhang von Klima und Kapitalismus und über Alternativen geben. Wir werden uns im Organizing ausbilden lassen und konkrete Verabredungen treffen, die unsere nächsten strategischen Schritte in unserer jeweiligen Stadt konkret bestimmen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Semesterausgabe – critica Nr. 28. In der Ausgabe sowie ursprünglich auf dieser Seite wurde als Termin 4. bis 6. November angegeben, der geplante Termin wurde seitdem vorgezogen und diese Seite entsprechend aktualisiert.

Aron Schröter studiert in Hannover Politikwissenschaft, ist in seiner Ortsgruppe und im Bundesvorstand von Die Linke.SDS aktiv.