10 Okt Energieversorgung sichern: vergesellschaften!
Sollte die Initiative »RWE & Co. enteignen« erfolgreich sein, könnte dies ein bedeutender Schritt zu einer sozialökologischen Wende sein. Lena erläutert, wieso wir eine Vergesellschaftung der Energiebranche so dringend brauchen.
Menschen mit geringem Einkommen geben einen größeren Teil des zur Verfügung stehenden Einkommens für Wohnung und Lebensmittel aus als Haushalte mit einem hohen Einkommen. So sind von Armut betroffene Menschen auch stärker von hohen Energie- und Lebensmittelpreisen betroffen. Auch die Auswirkungen des Klimawandels betreffen Menschen mit geringen finanziellen Mitteln stärker.
Diese Ungerechtigkeit besteht nicht nur zwischen Haushalten, sondern auch zwischen Staaten. Das Zukaufen von Gas für eine von Russland unabhängige Versorgung führt dazu, dass die Preise explodieren und ärmere Länder den Grundbedarf ihrer Bevölkerung nicht mehr decken können. In Pakistan und Myanmar kam es infolgedessen bereits vermehrt zu Stromausfällen. Der Westen trägt die Schuld am Leid der Menschen im Globalen Süden, das er durch die Versorgungsengpässe sowie durch die Auswirkungen der Klimakrise auslöst. Das zeigt einmal mehr: Klimagerechtigkeit ist nur global möglich.
Die Grundversorgung auf dem Markt
Der Vorstoß zur Gasumlage zeigt, wer laut Regierung die Krise bezahlen soll: Die Menschen, die bereits mit gestiegenen Gaspreisen konfrontiert sind. Dieses Geld fließt in Unternehmen, die auf Gaslieferungen aus Russland gesetzt haben und damit die Versorgung der Bevölkerung gefährden. Um von der Gasumlage zu profitieren, müssen die Unternehmen nicht einmal von Insolvenz bedroht sein. Wo jedoch Unternehmen aus der angespannten Marktlage Profit schlagen, weigert sich die Ampel, diese durch eine Übergewinnsteuer abzuschöpfen.
Energiekonzerne sind auf Profite aus. Es ist nicht in Ordnung, dass die Grundversorgung der Bevölkerung von Märkten und Wettbewerb abhängig ist und von der Bereicherung einiger weniger beeinflusst wird. Wenn die Bevölkerung schon Milliarden in die Gaskonzerne pumpt, wieso erhält sie dann kein Mitbestimmungsrecht? Energiegenossenschaften wie in Marburg oder Schwalm zeigen, dass es sozial und ökologisch sinnvoll ist, wenn Energieproduktion lokal und genossenschaftlich organisiert ist. Die Ziele sind hier zum einen die Mitbestimmung der Bevölkerung an der Energieproduktion, zum anderen eine bedarfsorientierte und ressourcenschonende Energieproduktion.
Demokratisierung der Energieproduktion
Für eine Vergesellschaftung und Demokratisierung der Energieproduktion setzt sich das Bündnis »RWE & Co. enteignen« ein. Die Initiative will die Ausbeutung von Mensch und Natur durch die Energiekonzerne stoppen und Kund*innen und Arbeiter*innen eine demokratische Teilhabe bieten.
Energiekonzerne enteignen – klingt wild? Tatsächlich machen Energiekonzerne das mit Privatpersonen ständig, damit die Kohlebagger komplette Dörfer – wie das durch RWE bedrohte Lützerath – vernichten können. Wieso sollte es nicht auch andersherum funktionieren? Die Verfassung bietet in Art. 14 und 15 des Grundgesetzes sogar eine Grundlage für Enteignung und Vergesellschaftung. Darauf beruft sich übrigens auch die erfolgreiche Initiative »Deutsche Wohnen & Co. enteignen« in Berlin.
Die Energiekonzerne sollen etwa in Genossenschaften überführt werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse und die Erfahrung der Arbeiter*innen sollen als Grundlage einer sozialen und ökologischen Energiewirtschaft dienen.
Umverteilung und Umbau
Anstatt jetzt LNG-Terminals und eine dazugehörige fossile Energieinfrastruktur aufzubauen, muss die Energieversorgung durch massive Investitionen in ökologische Energieträger, Netzinfrastruktur und dezentrale Energiesysteme gesichert werden. Die Tarife sollen progressiv gestaltet werden. Das heißt: Preisdeckel für den Grundbedarf, keine Strom- und Gassperren und die Umverteilung der Profite von Oben nach Unten. Die nicht-lebensnotwendige Industrie muss zudem gedrosselt werden.
Ein vergesellschafteter Energiesektor wäre zwar weiterhin in ein kapitalistisches System eingegliedert, dennoch wäre er in der Lage, im Sinne der Menschen und der Zukunft zu handeln. Wenn die Konzerne wegen schlechter Entscheidungen gerettet werden müssen, dann muss die Energieversorgung eben in die Hand der Bevölkerung – damit wir bessere Entscheidungen treffen können.
Konzerne, nehmt euch in Acht. Die Sektoren Verkehr, Ernährung und Gesundheit nehmen wir uns als nächstes vor! 😊
Lena-Johanna Schmidt (26) ist seit 2019 in DIE LINKE.Gießen aktiv und promoviert an der Hochschule Fulda. Ihr Wunsch für den Herbst ist ein starker linker Protest auf den Straßen, damit der sozial-ökologische Umbau endlich Realität wird.