20 Jan Kein Zurück zu vor der Pandemie
Wenig Maskenpflicht, die meisten geimpft – Alles gut? Wer denkt, Covid-19 sei besiegt, begeht nach jetzigen Forschungsstand einen gefährlichen Irrtum. Als gesellschaftiche Linke sowie als Studierenden können und müssen wir gemäß der Fakten handeln.
Ist Corona wirklich »vorüber«? Man gewinnt den Eindruck. Die Infektionszahlen sind rückgängig, Universitäten haben die Maskenpflicht teilweise abgeschafft, die Tagesschau, die meisten Expert*innen, sowie Politiker*innen scheinen ebenfalls so zu denken. Teilweise in Bus oder Bahn, auf Festen oder öffentlichen Veranstaltungen trifft man sich nun wieder maskenfrei.
Nur die vermeintlich verrückte Linke trägt noch Maske und hält Abstand. Das tut sie leider mit gutem Grund, wie die Forschung zeigt:
Als der US-Bundesstaat Massachusetts Anfang 2022 seine allgemeine Maskenpflicht aufhob, haben nur 2 Schulbezirke in der Metropolregion Boston diese beibehalten – das Ergebnis: aus jeden 1.000 Schüler*innen und Lehrenden wurden fast 45 mehr krank. Diese zusätzlichen Fälle stellten fast 30 Prozent aller dortigen Fälle dar. Die Rücknahme der Maskenpflicht in der Öffentlichkeit ist also mit einem massiven Anstieg der Infektionen verbunden. Masken sind keine unnötige Last, sondern weiterhin essentiell, um Infektion zu vermeiden. Besonders in Bereichen des öffentlichen Lebens.
Denn mit besserem Einblick in die Mechanismen von Covid-19 wird zunehmend klarer: Es kann niemals eine Herdenimmunität geben. Denn die Krankheit wird nicht mit jeder Neuinfektion schwächer- im Gegenteil: Während Impfungen lebensrettend sind und die schlimmsten Schäden mindern, geben sie jedoch keine Sicherheit. Auch schützen sie vor schwerer Lungenembolie, aber senken das Risiko für Long Covid (Langzeitfolgen von Covid-19) nur um 15 Prozent – es bleibt bestehen. Andere Organschäden sind auch nur wenig reduziert. Infektionen bauen aufeinander auf, denn die Omikron-Variante greift die Erinnerung des Immunsystems, die T-Zellen, an. Neben den Schäden an den Organen heißt das, dass jede Infektion schwerer als die Letzte ist, die Abwehrkräfte schwächt und einer erneuten, gefährlicheren Infektion den Weg bereitet – Covid-19 ist eine Krankheitsspirale mit dem Tod als Endstation. Selbst junge Menschen können unvorhergesehen chronische Krankheiten entwickeln.
Dazu kommen die anderen Langzeitfolgen: Depressionen, neurodegenerative Krankheiten demenzähnliche Konzentrations- und Erinnerungsstörungen, erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, chronische Kurzatmigkeit und mehr. All das ganz unabhängig davon wie »schwer« der Fall augenscheinlich war. Das kann permanente Arbeitsunfähigkeit nach sich ziehen – etwas, was zu Zeiten wirtschaftlicher Instabilität, Inflation und Sozialabbau eine immense Verschlechterung der bereits gesenkten Lebensqualität zur Folge hat.
Das sind wissenschaftliche Forschungsergebnisse, keinesfalls Panikmache auf dem Level von Verschwörungstheorien. Staat und Wirtschaft haben sie für eine schnelle Lockerung und Profitmaximierung heruntergespielt. Nun soll dies auf das Individuum, auf die eigene Verantwortung ausgelagert werden. Die herrschende Klasse ist schließlich verantwortungslos. Wer vorsichtig ist, hat schlimmstenfalls Ärger umsonst und versäumt eine Party. Wer unvorsichtig ist, ist schlimmstenfalls tot.
Das alles hätte mit einer bundesweiten Strategie, die Gesundheit vor Profit gesetzt hat, vermieden werden können, wie es linke Kräfte ausführlich forderten. Aber nun ist es zu spät. Jetzt haben wir die Folgen zu tragen.
Aber was können wir tun?
Die gesellschaftliche Linke könnte einerseits in ihrer Organisation verstärkt Online oder Hybrid-Treffen veranstalten. Für Treffen vor Ort gilt: Maskenpflicht und Mindestabstand sind keine Schikane, sondern wichtige Mittel, um Gesundheit und Handlungsfähigkeit zu bewahren.
Zwar gab es in der Vergangenheit bei der Umsetzung immer wieder Schwierigkeiten, doch sollen diese Umstände keine Ausrede zur Tatenlosigkeit werden. Die technischen Pannen und Hindernisse dürfen nicht weiter hingenommen werden, sondern müssen mit Expertise angegangen und behoben werden. Die Vernetzung und der Austausch bundesweiter SDS-Gruppen, um entsprechende Fähigkeiten und Erkenntnisse und weiterzuentwickeln, könnte ein derartiges Wissen aufbauen und in den Gruppen verteilen. Gesundheit muss auch in die studentischen Gremien, die Universität allgemein und Politik getragen werden. An dieser Stelle sind auch Forderungen nach besseren Online Angeboten, Bürokratieabbau und bitter nötiger Therapie, sowohl wegen Coronalangzeitfolgen wie Lockdown-Strapazen, angebracht. Wenigstens die Maskenpflicht in den Seminaren wiedereinzuführen, rettet Leben und verhindert permanente körperliche Schäden.
Die Fakten sind auf unserer Seite und wir haben Handlungsspielraum. Ihn zu versäumen, tötet.
Vielen Dank an Jessica Wildfire, deren Text »You May Be Early, but You’re Not Wrong: A Covid Reading List« den Forschungshintergrund für diesen Beitrag zusammentrug und die Sachzusammenhänge erklärte.
Suzanna Pfister studiert im Master Germanistik. Sie hofft, nicht in das Gegenstück eine*r Coronaverharmloser*in zu mutieren, aber trägt weiterhin Maske, wenn der Abstand zu Mitmenschen zu klein wird.