Die Macht der Solidarität

Die Macht der Solidarität

Wie geht es nach Lützerath mit dem Klimakampf weiter? Wie kann eine Allianz aus Klimastreik und Arbeitskampf aussehen? Die Kampagne #wirfahrenzusammen oder der Aktionstag von Fridays for Future und ver.di dienen als Vorbild.

Überall begegnen uns die Sticker »Schön hier, aber warst du schonmal in Lützi?«. Seit dem 14. Januar diesen Jahres können das viele Menschen aus der gesamten Republik mit Ja beantworten. An diesem Tag fuhren circa 35.000 Demonstrierende trotz Sturm und Dauerregen nach Lützerath, um das Dorf vor der Zerstörung zu bewahren.

Die Kohle unter dem von Klimaaktivist*innen besetzten Dorf wird laut Gutachten von Aurora Energy Research für eine Versorgungssicherheit durch fossile Energien nicht gebraucht. Das war aber sowohl RWE als auch der schwarz-grünen Regierung schlichtweg egal: Lützerath ist trotz jahrelanger Proteste und Wahlversprechen geräumt und abgerissen worden. Wieder einmal siegen am Ende der Staat und Konzerninteressen.  Doch wie geht es nun weiter? Das mehrheitliche Vertrauen in die Partei Die Grünen und in die erhoffte klimafreundliche Wende der Politik ist endgültig zerstört und der Glaube, dass Massenbewegungen die Regierenden zum Handeln zwingen, hat sich als naiv herausgestellt. Gleichzeitig zeigt der 14. Januar aber auch, dass die Klimabewegung noch nicht am Ende ist. Sie hat Potential und  ist in Teilen bereit, radikaler vorzugehen als bisher. 

Radikal, aber wie?

Für uns als Sozialist*innen heißt Radikalität, Machtressourcen effektiv zu gebrauchen, um gegen den fossilen Kapitalismus anzukommen. Wir brauchen gesellschaftliche Mehrheiten, um Veränderung zu erreichen und wir greifen den Kapitalismus am besten dort an, wo es am meisten wehtut: beim Geld. Um gesellschaftliche Mehrheiten zu schaffen, müssen wir die Arbeiter*innen in den Kampf um Klimagerechtigkeit einbinden. Diese sind häufig von den geplanten Klimaschutzmaßnahmen betroffen, wenn Wirtschaftszweige abgebaut oder outgesourct werden. Sollten die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten gegen effektiven Klimaschutz ausgespielt werden, verlieren wir große Teile der Gesellschaft für einen gemeinsamen Kampf. Zeigen wir aber, dass wir uns auch gegen Arbeitsplatzverlust und Lohnkürzungen stellen, können wir die Beschäftigten für den gemeinsamen Kampf gewinnen. Darüber hinaus haben Beschäftigte eine ökonomische Macht, die Demonstrierende und Aktivist*innen nicht haben. Sie können in den Streik gehen und somit ökonomischen Schaden anrichten.

Erfolgreiche Verbindung von Schul- und Tarif-Streik

Der 3. März dieses Jahres hat gezeigt wie die Verbindung von Klima- und Arbeitskampf aussehen kann: Die Parole »Streik in der Schule – Streik im Betrieb« wurde am gemeinsamen Aktionstag von Ver.di und Fridays for Future endlich Realität. In vielen Städten haben Klimaaktivist*innen Beschäftigte an ihren Streikposten besucht. Beschäftigte des Nahverkehrs sind im Gegenzug gemeinsam mit der Klimabewegung für eine Verkehrswende auf die Straße gegangen.

Wenn die Klimakatastrophe noch abgewendet werden soll, brauchen wir dringend eine Verkehrswende: Der Nahverkehr muss flexibel nutzbar, für alle bezahlbar und sowohl sozial als auch klimaverträglich sein. Diese Veränderungen dürfen aber nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen: Nötig sind gleichzeitig höhere Löhne, bessere Ausstattung, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal.

»Nur durch die Kooperation zwischen Klimabewegung und Beschäftigten können wir den Klimawandel besiegen!«

Für eine solche Veränderung setzt sich die Kampagne #wirfahrenzusammen ein. Aktuell befinden sich Bus- und Bahnfahrer*innen des Öffentlichen Dienstes in Tarifverhandlungen um höhere Löhne. Anfang 2024 wird der Tarifvertrag Nahverkehr neu ausgehandelt. Hier gibt es die Möglichkeit, bessere Arbeitsbedingungen für 87.000 Beschäftigte in kommunalen Unternehmen des Nahverkehrs auszuhandeln und gleichzeitig für massive Investitionen zu streiken.

2020 gab es bereits in zahlreichen Städten eine solche Zusammenarbeit zwischen Klimabewegung und Beschäftigten. An diesen Erfolg möchte die aktuelle Kampagne anknüpfen und Allianzen zwischen Klimagerechtigkeitsbewegung und Beschäftigten intensivieren.

Lasst uns die bestehenden Kooperationen zwischen Klimabewegung und Beschäftigten stärken und ausbauen. Lasst uns solidarisch mit den Streikenden sein und sie unterstützen. Lasst uns die Kämpfe verbinden und gemeinsam die nötige Wende vollbringen!

Ronja Kunz (25) studiert Biochemie in Köln, Sarah Niedrich (27) studiert Erziehungswissenschaft & Ethnologie in Mainz und Josina Heidel (22) studiert Politikwissenschaft in Hannover. Neben ihrem Studium sind alle drei beim SDS aktiv. Spätestens seit dem System Change Kongress beschäftigen sie sich genauer mit Ökosozialismus und kämpfen für eine sozialgerechte Verkehrswende.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der critica Nr. 30. Du erhältst sie beim SDS in deiner Stadt oder kannst sie hier online lesen.