Was macht die Bundeswehr im Sudan?

Was macht die Bundeswehr im Sudan?

Im Sudan entwickelt sich zunehmend ein Bürgerkrieg. Verschiedene Fraktionen kämpfen um die Macht in dem Nordostafrikanischem Land. Der Sudan ist ein Transitland für zahllose Geflüchtete. Die Europäische Union hat dabei noch ganz eigene Interessen.

Ein Kommentar

Aktuell entwickelt sich im Sudan zunehmend eine bürgerkriegsähnliche Situation. Sudans De-Facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan und sein Vizepräsident Mohammed Daglo, kämpfen in dem nordostafrikanischen Staat um die Macht. Dieser Krieg wütet mehr oder weniger im ganzen Land, sorgte für tausende Verletzte und kostete nach offiziellen Angaben bereits hunderte Menschenleben.

Da nun selbst Ziele in der Hauptstadt Khartum unter Beschuss standen und beispielsweise der EU-Botschafter in seiner Residenz von bewaffneten Truppen überfallen wurde, begannen zahlreiche westliche Staaten ihre Diplomat*innen und andere Staatsbürger*innen zu evakuieren. Wegen der dramatischen Lage wurde die Bundeswehr mit der Evakuierung deutscher Staatsbüger*innen beauftragt. Die rückte unter anderem mit Fallschirmjägern und dem KSK (Kommando Spezialkräfte) an.

Auch wenn eine solche Reaktion und das Bedürfnis nach Sicherheit durchaus verständlich sind, offenbart diese Rettungsmission auch eine Doppelmoral. Denn wie schon in Afghanistan werden Deutsche evakuiert, während Menschen, die Asyl beantragt haben, oder lange Jahre mit der deutschen Botschaft zusammengearbeitet haben, zurückbleiben – trotz Gefährdung ihrer Leben.

Zahlreiche weitere Staaten evakuierten Botschaftspersonal und Staatsbürger*innen im Sudan nicht mittels eines militärischen Rettungseinsatzes, sondern mit Hilfe von zivilem Personal. So haben beispielsweise Japan, China, Indien oder Saudi-Arabien erfolgreich zivile Rettungseinsätze durchgeführt. Die Notwendigkeit für eine militärisch gestützten Rettungseinsatz war daher vor allem für die eingesetzten Bundeswehrverbände notwendig, um ihre Existenz zu rechtfertigen.

Bei dieser Mission wurden ausschließlich Personen mit deutschem Pass evakuiert. Ähnlich wie bei der Evakuierung Afghanistans wurden dabei Sicherheitspersonal oder langjährige Mitarbeiter*innen der Botschaft oder des Umfeldes einfach zurückgelassen. Als wäre die Lage für sie nicht genau so gefährlich. Dazu häufen sich Berichte in denen nun hunderte – vielleicht gar tausende Pässe – von Menschen, die Visa beantragten, in den verlassenen Botschaften eingeschlossen sind. Das hindert sie nun daran, über Grenzen zu gehen, um beispielsweise ins sicherere Nachbarland Ägypten zu fliehen.

Deutschland schiebt weiterhin ab

Besonders widerwärtig ist neben all diesen Vorgängen die Tatsache, dass die Bundesregierung weiterhin Menschen in den Sudan abschiebt. Laut Pro-Asyl ist circa die Hälfte der in Deutschland lebenden Sudanes*innen nur geduldet und damit quasi jederzeit von einer Abschiebung bedroht. In ein Land, das so gefährlich ist, dass Deutsche von der Bundeswehr evakuiert werden mussten.

Wenn Menschen sich entscheiden ihre Heimat dauerhaft zu verlassen, sollte ihnen der Staat helfen ein gutes und sicheres Leben zu führen, statt sie zu illegalisieren und in ihre »sicheren Herkunftsländer« abschieben.

Jede Abschiebung – besonders in Kriegsgebiete ist ein Skandal. Skandalöser ist jedoch noch, dass es auch in Thüringen oder in Berlin, wo die LINKE den Ministerpräsidenten stellt, beziehungsweise an der Regierung beteiligt war, jährlich hunderte Abschiebungen gab. Für eine linke Partei und ihre zahlreichen in der Flüchtlingssolidarität aktiven Mitglieder ein nicht hinnehmbarer Umstand, den wir als SDS stark kritisieren und ändern müssen. Es gilt: Fluchtursachen, nicht Geflüchtete bekämpfen!

In Zeiten von zunehmender Hochrüstung und Krieg, kann dieser Einsatz auch als imperialistisches Rumgemacker verstanden werden. Deutschland zeigt, dass es im Ernstfall in der Lage ist Deutsche, egal wo sie sich in der Welt herumtreiben, militärisch zu evakuieren. Zivile, nach Frieden für alle strebende Konfliktlösungen werden dadurch weniger überlebenswichtig.

Transitland und »europäisches Engagement« im Sudan

Der Sudan ist ein Transitland für Geflüchtete aus Eritrea und anderen Ländern. Die EU unterstützte deshalb seit 2014 die sudanesische Regierung im Sinne eines Europäischen Fluchtmanagements. Der sogenannte Khartum Prozess sollte Menschenhandel und Schmuggel in der Region beschränken. Für Geflüchtete bedeutete der Prozess praktische Entrechtung, Verwahrung in Lagern und europäisches Migrationsmanagement auf dem Horn von Afrika.

Die EU setzte 2018 auf Betreiben der sudanesischen Behörden ein weiteres Engagement in der Region ein: ein $46 Millionen Programm der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) unterstützt durch die italienische Polizei, französische Behörden und die Internationalen Organisation für Migration (IOM).

Wie auch in zahlreichen anderen Ländern lässt sich die EU auf Hundertmillionen Euro schwere schmutzige Migrationsdeals ein, die Migrant*innen in den Transitländern gefangen halten und Pushbacks ermöglichen.

Für ein Ende der EU-Finanzierung mörderischer Grenzregime!

Organisationen vor Ort wie die Strategic Initiative for Women in the Horn of Africa (SIHA) und das Centre for Human Rights Law bei der SOAS, University of London, stellen in ihrem Bericht aus 2017(!) fest, dass »Barrieren entstehen, ohne dass ausreichend Alternativen angeboten werden, [daher] gehen die Menschen immer größere Risiken ein und Migration wird immer gefährlicher«. »Die einzigen Menschen, die davon profitieren […] sind die Schmuggler und Menschenhändler«.

Es braucht sichere Fluchtwege und Möglichkeiten Asylanträge zu stellen, die auch bearbeitet werden und den Menschen eine Perspektive auf Leben in Sicherheit bieten.

Weiterführende Links und Quellen

https://www.thenewhumanitarian.org/special-report/2018/01/30/inside-eu-s-flawed-200-million-migration-deal-sudan

https://reliefweb.int/report/eritrea/tackling-root-causes-human-trafficking-and-smuggling-eritrea-need-empirically

https://www.rosalux.de/en/news/id/50304/in-sudan-the-revolution-is-caught-in-the-crossfire

Nicolas ist in der Ortsgruppe Leipzig aktiv