Der Kampf um einen anderen Osten: Gespräch mit Leon Walter

Leon Walter läuft mit einer Zeitung unter dem Arm und einer Umhängetasche die Straße entlang.

Der Kampf um einen anderen Osten: Gespräch mit Leon Walter

Leon Walter kandidiert als Jugendkandidat der Linksjugend für DIE LINKE im Wahlkreis Greiz. Damit tritt er um das Direktmandat gegen Höcke an. Wir haben Leon eingeladen, um von seiner Arbeit zu erzählen.

Wie kam es dazu, dass du dich für den Landtag aufstellen lassen hast?

Fast 4 Jahre lang war ich Landessprecher der Linksjugend, ich repräsentiere den Jugendverband im Landesvorstand der Thüringen Linkspartei, da wurde ich irgendwann angesprochen ob ich mir auch vorstellen könnte Jugendkandidat zur Landtagswahl zu werden. Angesichts der Thüringer Verhältnisse und dem allgemeinen Zustand der Linkspartei hatte ich das Bedürfnis meine ganze Kraft für die Sache einsetzen zu können, also viel dann relativ schnell meine Entscheidung und ich wurde letzten Oktober zum Jugendkandidaten gewählt.

Wofür möchtest du dich vor allem einsetzen? Was für Perspektiven sind dir als Jugendkandidat besonders wichtig?

Bessere Rahmenbedingungen für Berufsausbildungen, Stärkung der Kinder- und Jugendhilfe, Ausbau demokratischer Mitbestimmung und Förderung der sozialen Daseinsvorsorge auf dem Land. Mir sind in erster Linie die Perspektiven all jener wichtig, die hier bleiben wollen und derjenigen die sich dafür einsetzen, dass der Osten eine demokratische und solidarische Zukunft hat.

Bei der EU-Wahl haben wir gesehen, dass auch die jungen Menschen zunehmend rechts wählen, wie können wir die Jugend wieder von linken Perspektiven überzeugen?

Man muss konkret zeigen, dass linke Politik den Unterschied macht, etwas an der Lebenssituation junger Menschen tatsächlich zum Besseren verändert. Angebote praktischer Solidarität wie eine Hausaufgabenhilfe, soziale und kulturelle Angebote auf der einen Seite und stärkerer Fokus tatsächlich auch junge Menschen anzusprechen, womit sich die Linkspartei aktuell noch etwas schwer tut, auf der anderen Seite. Außerdem hilft: einfach vor Ort sein. Mancherorts gibt es schlichtweg auch keine Berührungspunkte zwischen der Lebensrealität junger Menschen und einer Linken, die vorranging aus Leuten deutlich jenseits der 50 besteht.

Wie ist gerade die Stimmung in dem Landkreis, in dem du kandidierst? Weshalb kandidierst du gerade dort?

Viele Leute sind frustriert und das oft zu Recht. Der Landkreis Greiz hat in den letzten 34 Jahren viel Landwirtschaft, die Textilindustrie und den Bergbau verloren. Bei vielen Leuten merkt man noch wie der Bruch in der eigenen Biographie während den 90ern bis heute das Bewusstsein prägt. Junge Menschen sehen oft für sich wenig Perspektiven vor Ort. Noch vor dem Aufkommen der AfD hat die lokale CDU mit der Landrätin Schweinsburg einen hart rechtspopulistischen Kurs gefahren, der von den zahlreichen Problemen mit einer rassistischen Stimmungsmache ablenkte. Dass das heute auf das Konto der AfD einzahlt ist selbsterklärend. Wenn ich jedoch als Linker unterwegs bin, direkten Kontakt an Haustüren oder auf der Straße suche, sind die Reaktionen vieler Leute tatsächlich bisher relativ positiv gewesen. Der dortige Kreisverband ist leider nicht so gut aufgestellt, obwohl ich spüre dass Viele dort eine tatsächlich aktive Linke sehen wollen. Aber gerade auch deshalb kandidiere ich dort um zu zeigen, dass man auch im ländlichen Raum mit einer modernen sozialistischen Politik und einem gut geplanten Wahlkampf punkten kann. Mein Ziel ist es aus dem Frust der Leute Hoffnung zu machen.

Was tut die Linke im Kreis dafür, das Vertrauen vor Menschen vor Ort zu gewinnen?

Der Kreisverband Greiz war einer der wenigen in Thüringen die tatsächlich von der Gründung vom BSW hart getroffen wurden, was man auch bei den Kommunalwahlen leider sehen konnte. Mit dem Wahlkampf will ich auch Aufbauarbeit machen, denn wie ich merke halt wirklich wie sich die Leute vor Ort eigentlich nach einer wirklich aktiven Linken sehnen. In erster Linie ist eines wichtig: erstmal zuhören. Parallel zum Kommunalwahlkampf war ich regelmäßig an Haustüren unterwegs und da hört man immer wieder die gleichen Dinge: zu wenig Perspektiven, zu viel Leerstand, Wegzug junger Leute, schlechte Gesundheitsversorgung, etc. – alles Themen über die in Greiz die Lokalpolitik nicht reden und stattdessen mit Bezahlkarten für Geflüchtete und Genderverboten den Diskurs verschieben will. In den kommenden Monaten kann ich leider nicht die komplette politische Praxis der KPÖ, welche für mich großes Vorbild ist, einfach kopieren. Jedoch gilt für mich das Credo, dass man linke Politik nicht nur für Linke machen sollte, sondern den Großteil der Bevölkerung. Es geht darum die Leute abzuholen wo sie mit ihren Problemen im Leben stehen.

Höcke kandidiert auch in deinem Kreis. Wie schützt ihr euch im Wahlkampf?

Ja, das war auch ne Überraschung als ich das erfahren habe… ich werde nicht auf direkte Konfrontation zu ihm setzen, sondern meine eigene Linie mit meinen eigenen Erzählungen fahren. Jedoch gibt es in Greiz und Umgebung eine sehr aktive Neonazi- und Reichsbürgerszene, wo natürlich auch Höcke mit einigen Akteuren daraus gut bekannt ist, von denen geht eine Gefahr aus. Ich werde in den nächsten Monaten selbstbewusst, aber vorsichtiger in den Wahlkampf gehen und je nach Tageslage muss ich bei größeren Veranstaltungen im Wahlkampf über Personenschutz nachdenken.

Zeit für ein Schlussstatement: Was ist dir besonders wichtig, noch zu sagen?

Der Kampf für einen anderen Osten, einen solidarischen Osten darf man nicht aufgeben.

Das Gespräch führten Momo Eich und Jonna Kühl. Beide sind aktiv im Bundessprecher*innenrat von Linksjugend [’solid].
Dieser Beitrag stammt aus der Broschüre „Theorie und Praxis des Antifaschismus heute.“