10 Apr Klima, Krieg und Krise
Krieg, Militär und Rüstungsindustrie haben Auswirkungen auf unser Klima. Lena zeigt auf, wie eng Friedens- und Klimabewegung in ihren Kämpfen verbunden sind und an welchen Punkten sie ansetzen müssen.
Klimakrise und Krieg. Krieg und Klimakrise. Beide führen zu Hunger, Leid und Tod. Beide belasten die jüngeren und kommenden Generationen. Beide haben hohe Kosten. Beide sind vermeidbar oder zumindest eindämmbar. Für beide wird die Lösung lieber Konsument*innen zugeschoben: „Lebt ökologischer!“, „Friert für den Frieden!“ – anstatt das System zu verändern, das für die Probleme verantwortlich ist.
Krieg und Aufrüstung belasten das Klima. Sie binden finanzielle, wissenschaftliche und politische Ressourcen, die für den Kampf gegen den Klimawandel benötigt werden und schwächen internationale Kooperationsformate. Neben diesen indirekten Einflüssen schädigen Kriege die Umwelt auch direkt, beispielsweise durch den Einsatz von Chemiewaffen und einem enormen Ausstoß an klimaschädlichen Gasen und Schadstoffen. Alleine das US-Verteidigungsministerium und die ihm unterstellten Truppen stießen 2017 mehr Treibhausgase aus als Länder wie Schweden oder Portugal. Die Emissionen des zweiten Irak-Krieges entsprachen etwa den jährlichen Emissionen von Neuseeland oder Kuba.
Nur Abrüstung ist konsequent
Der Treibstoff-Verbrauch von Panzern, Kriegsflugzeugen und -schiffen ist selbst in friedlichen Zeiten enorm. Ein Leopard-2-Panzer hat einen Kraftstoffverbrauch von 414 bis 530 Litern pro 100 km. Ein Eurofighter verursacht pro Flugstunde etwa so viel CO2, wie ein*e deutsche*r Bürger*in im ganzen Jahr. Sogenannte E-Panzer oder Kriegsfahrzeuge, die mit E-Fuels betankt werden, grenzen an blanken Hohn und lösen das Problem nicht ansatzweise. Die einzig konsequente Handlung ist Abrüstung.
Für 2019 gibt die Bundeswehr einen CO2-Ausstoß von 1,45 Millionen Tonnen an – Auslandseinsätze und Rüstungsproduktion nicht einberechnet. Eine Studie im Auftrag der Linken im Europaparlament schätzt den tatsächlichen Ausstoß circa dreimal so hoch. Beim Klimaschutz hat die Armee zwischen 2014 und 2019 praktisch keine Fortschritte gemacht und durch enorm steigende Rüstungsausgaben wird dies auch in den folgenden Jahren nicht passieren.
Brennende Ölfelder in Kuwait, der Einsatz von Herbiziden im Vietnamkrieg, das Niederbrennen von Wäldern in Nagorny-Karabach, das Zerstören der Ölindustrie in Syrien und der Einsatz der Kriegstaktik „Verbrannte Erde“ in Myanmar sind direkte Kriegshandlungen, die die Klimakatastrophe ebenfalls beschleunigen. Hinzu kommt der Ausstoß an Treibhausgasen, der bei dem Wiederaufbau eines Landes nach einem Krieg entsteht.
Laut Clima Policy Initiative müssten jährlich 3.800 Milliarden US-Dollar investiert werden, um das 1,5°C-Ziel noch zu erreichen – das Doppelte der weltweiten Militärausgaben. Die öffentlichen Ausgaben für Klimaschutz und -anpassung entsprechen aktuell jedoch nur 16,2% der weltweiten Militärausgaben. Das bezieht sich wohlgemerkt auf die Zahlen vor Kriegsbeginn in der Ukraine.
Globaler Wandel in Richtung Frieden und Klimagerechtigkeit
Die Wissenschaft ist sich aufgrund des komplexen Ursachengeflechts nicht einig, ob die Klimakrise zu Konflikten oder zu Kooperation führen wird. Potentielle Kämpfe um, durch die Erderwärmung freigelegte, Ressourcen in der Arktis oder um die Kontrolle der Ressource Wasser, zum Beispiel am Brahmaputra in Tibet, sind denkbar. Und sollte die Klimakrise nicht zu mehr Konflikten führen, so bedroht er dennoch konkret unsere Sicherheit – zum Beispiel die Ernährungssicherheit und unsere ökologische Sicherheit.
Forderungen nach einer konsequenten, globalen Abrüstung müssen deshalb in die Klimabewegung einfließen. Wir müssen dafür kämpfen, dass die gesamten Emissionen der Rüstungsindustrie und des Militärs in die Klimaberichte aufgenommen werden und eine Organisation geschaffen wird, die Rüstungsemissionen überwacht und begrenzt. Wir brauchen ein Umdenken im Sinne des Buen Vivir Konzepts indigener Völker Südamerikas oder der Just Transition Bewegung. Klima- und Friedensbewegung müssen gemeinsam den globalen Wandel in Richtung Frieden und (Klima-) Gerechtigkeit schaffen!
Lena-Johanna Schmidt (25) ist seit 2019 in DIE LINKE Gießen aktiv. Ziel ihrer politischen Arbeit ist der sozial-ökologische Umbau unserer Gesellschaft.
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Semesterausgabe – critica Nr. 28