Schutz trotz Geldnot

Schutz trotz Geldnot

Betroffene von häuslicher Gewalt finden in Frauenhäusern teils keinen Schutz – aus Geldnot. Studierende der Heinrich-Heine-Universität werden künftig finanziell dabei unterstützt.

Ein Sozialsystem, das jeden Cent zwei Mal umdreht, ehe jemand unterstützt wird, hat viele blinde Flecken. In Deutschland ist einer dieser blinden Flecken die Frauenhäuser der Städte/Großstädte. In Düsseldorf und den umliegenden Städten gibt es ungefähr 20 Frauenhäuser, die eine Anlaufstelle für Frauen und ihre Kinder sein sollen, die Zuhause Gewalt erleben. Ohne die nötigen Mittel gestaltet sich das aber schwer. Dazu kommt, dass ein entscheidendes Kriterium bei der Aufnahme, das Arbeitsverhältnis ist. Wer keine Sozialhilfe bezieht, muss den Aufenthalt selbst bezahlen. Um Studentinnen einen Aufenthalt zu ermöglichen, hat die Linke Liste/SDS im Studierendenparlament der Uni Düsseldorf nun eine Änderung der Darlehensordnung eingebracht.

Seit Jahren geht die Anzahl der Bewohnerinnen in Frauenhäusern zurück. Auch 2020 und 2021 setzte sich dieser Trend klar fort. Häusliche Gewalt hingegen ist nicht zurückgegangen, im Gegenteil: In den langen Lockdownphasen ist sie sogar gestiegen. Besonders anfällig für häusliche Gewalt, so heißt es in einem Bericht des Familienministeriums, sind Frauen, die finanziell stark von ihrem Partner abhängig sind. Daraus ergibt sich ein offensichtliches Problem: Betroffene ohne Sozialleistungsansprüche nehmen einen Aufenthalt nur in Anspruch, wenn sie es sich leisten können. Die Studierenden in Deutschland sind aktuell zu einem Drittel armutsbetroffen und können sich den Aufenthalt in aller Regel nicht selbst finanzieren. Das Finanzierungsproblem ist in der bundesweiten Frauenhausstatistik vom Familienministerium auch bereits so ausformuliert.

Wie viele Personen das betrifft, lässt sich unmöglich sagen, die Kosten sind nämlich überall unterschiedlich. Ein Platz im Frauenhaus kostet zwischen 10 und bis zu 80 Euro pro Tag. Fast 60 Prozent der Befragten waren länger als einen Monat im Frauenhaus, mehr als 15 Prozent bleiben länger als ein Jahr. Jede vierte habe diesen Aufenthalt selbst bezahlt, heißt es in der Statistik des Familienministeriums. Wer ein oder mehrere Kinder hat, was 72 Prozent der Befragten betraf, muss auch deren Plätze bezahlen. Nur 23 Prozent der Befragten haben ihr Kind jedoch mit ins Frauenhaus genommen, auch hier bleibt die Frage offen, ob das teils aus Geldnot geschah.

Kommunen, die die Frauenhäuser finanzieren und organisieren, sind allerdings selbst chronisch unterfinanziert. Geld für nicht-profitorientierte Anliegen, wie Frauenhäuser, zu finden gestaltet sich schwierig. Es ist nicht möglich, sich das günstigste Haus auszusuchen: Ein Haus direkt neben der Wohnung, in der der gewalttätige Partner wohnt, ist kein sicherer Rückzugsort, zusätzlich muss der Wohnort der (erweiterten) Familie und die konkrete Lebenslage der Betroffenen in Betracht gezogen werden.

Damit Studierenden aller Geschlechtsidentitäten der Aufenthalt in einer Schutzunterkunft finanziert werden kann, hat die Linke Liste / SDS gemeinsam mit dem Referat gegen Faschismus, Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung im Studierendenparlament der Heinrich-Heine-Universität einen Vorschlag zur Änderung einer Ordnung der Studierendenschaft eingebracht.
Die Änderung sieht vor, dass das Betroffensein von häuslicher Gewalt, als hinreichendes Kriterium dafür gilt, finanzielle Unterstützung zu erhalten. Das Einkommensverhältnis der restlichen Haushalts darf dabei nicht berücksichtigt werden. Außerdem unterstützt der AStA die Betroffenen dabei Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen, damit sie die bestmögliche psychosoziale und ökonomische Unterstützung erhalten.

Der Antrag wurde nach einer kurzen Darlegung und Dringlichkeitsbegründung angenommen. In den kommenden Wochen soll der Kontakt zu externen Beratungsstellen aufgenommen werden, damit hilfesuchenden Studierenden, die sich nicht direkt an den AStA wenden, diese neue Möglichkeit aufgezeigt werden kann. Die Resonanz innerhalb des Studierendenparlaments war durchweg positiv und die politische Initiative wurde bestärkt.

Das übergeordnete Problem ist damit natürlich nicht gelöst, die Hilfe- und Präventionsstellen müssen weiter ausgebaut werden. Dazu gehört auch, Berufe des sozialen Sektors gerecht zu bezahlen und den Beschäftigten die benötigte Unterstützung zu gewährleisten. Die Studierendenschaft biegt somit gerade, was die Politik versäumt – sie ist es, die das Armutszeugnis bekommt.

Lana Kalemba und Maxi Kisters studieren beide an der HHU in Düsseldorf und sind dort in der Ortsgruppe des SDS aktiv.