Inflation: Lasst uns über Geld reden

Inflation: Lasst uns über Geld reden

Es ist Teil des kleinen Wirtschafts-Einmaleins: Gelddrucken = Inflation. Darum warnen gerade viele Ökonom*innen vor höheren Staatsausgaben und beschuldigen die niedrigen Leitzinsen. Ist die Geldmenge tatsächlich Ursache der aktuellen Inflation? Eine Spurensuche von Fiona.

Die letzte Krise ist noch nicht vorbei, schon ist die nächste da. Alles wird teurer: Alle reden über Inflation. Die Preise sind innerhalb des letzten Jahres um circa 8 Prozent gestiegen. Viele Menschen befinden sich jetzt schon nah oder unterhalb der Armutsgrenze, und es droht die nächste große Wirtschaftskrise.

Konservative warnen vor dem Geldausgeben

Statt die Betroffenen zu unterstützen, warnen konservative und liberale »Wirtschaftsexpert*innen« vor dem Geldausgeben. Grund der Inflation sei die Leitzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und die damit einhergehende Ausweitung der Geldmenge. Sie warnen vor Staatsschulden und behaupten, die Ausweitung der Geldmenge wäre maßgeblicher Auslöser der Inflation. Stimmt das? Kann der Staat uns wirklich nicht vor der Preisexplosion schützen, ohne sie zu verschlimmern? Daher schauen wir uns an, wie die Geldmenge im Wirtschaftssystem gesteuert wird und warum das wenig Einfluss auf die aktuelle Inflation hat.

Die Geldmenge kann der Staat verändern – oder die Banken

Die sich im Umlauf befindende Geldmenge wird über zwei Wege verändert. Ein Weg sind Staatsausgaben und -einnahmen. Entscheidet sich der Bundestag beispielsweise dafür, die gesetzlichen Krankenkassen zu unterstützen, so wird Geld über die Geschäftsbanken an die Krankenkassen verteilt. Auf diese Weise fügt der Staat dem Geldkreislauf Geld hinzu. Steuereinnahmen funktionieren entgegengesetzt, mit ihnen wird die Geldmenge im Umlauf verringert.

Auch die Banken haben Einfluss auf die Geldmenge. Sie können über die Vergabe von Krediten Geld schaffen. Dafür sind sie nicht auf die Einlagen von Sparer*innen angewiesen, sondern auf eine geeignete Einschätzung der Rückzahlungsfähigkeit der Kreditnehmenden. Die Höhe der Zinsen, die Kreditnehmer*innen bezahlen müssen, orientiert sich am Leitzins der EZB. Dieser Leitzins gibt an, wie »teuer« es für Geschäftsbanken ist, sich Geld bei der Zentralbank zu leihen. Seit der Finanzkrise wurde der Leitzins gesenkt, in der Hoffnung, die Wirtschaft wieder anzukurbeln: Günstige Kredite als Investitionsanreiz für Unternehmen.

Durch den Krieg ausgelöst

Durch die gegenwärtige Leitzinserhöhung soll die Geldmenge verringert werden, um der Inflation entgegenzuwirken. Die Leitzinserhöhungen werden die Ursachen der Inflation jedoch nicht beheben. Wir erleben aktuell keine gleichmäßig anziehende Inflation, sondern in erster Linie einen Preisschock im Energiesektor, der sich auf andere Industrien, wie die Lebensmittelindustrie, auswirkt. Dieser wurde durch den Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Knappheit fossiler Energieträger, insbesondere Gas, ausgelöst. Verstärkt werden diese Teuerungen durch Spekulation an den Finanzmärkten. Auch die Coronapandemie behindert weiterhin die Weltwirtschaft: Beispielsweise kommt es durch Teillockdowns in China zu Lieferengpässen. Viele dadurch knapp gewordene Güter werden dementsprechend teurer. Eine Verringerung der Geldmenge wird ebenso wenig einen Einfluss auf die Inflation haben, wie es die Ausweitung der Geldmenge hatte. In einer Wirtschaft, die auf Krediten basiert, könnten höhere Zinsen sogar für weitere Teuerungen sorgen. Dies könnte den Druck der Inflation weiter erhöhen und zu einer Verschärfung der Krise führen.

Gefährliche Reduzierung

Es ist gefährlich, wenn vermeintliche Wirtschaftsexpert*innen die Teuerungen auf die Ausweitung der Geldmenge reduzieren. Ihr Ziel ist nicht die Krisenbewältigung, sondern das Festhalten an neoliberalen Grundsätzen. Wer von den Teuerungen zu hart getroffen wird, hat ihrer Meinung nach eben nicht ausreichend vorgesorgt. Umverteilung und Entlastungen, die gerade jetzt notwendig sind, sollen so verhindert werden.

Doch 40 Prozent der Haushalte haben keinerlei Rücklagen, auf die sie zurückgreifen können. Sie werden von den Teuerungen knallhart getroffen. Es ist die Aufgabe des Staates nun einzugreifen um wachsende Armut und die nächste große Wirtschaftskrise zu verhindern. Andernfalls schlittern wir auf eine riesige soziale Katastrophe zu. Die Umverteilung von Unten nach Oben muss nachhaltig umgekehrt werden! Niemand sollte zwischen Heizen und Essen entscheiden müssen.

Fiona Schwindt studiert Informatik an einer Fachhochschule und wünscht sich mehr Gratismentalität für Deutschland!
Dieser Beitrag erschien zuerst in der critica Nr. 29. Du erhältst sie beim SDS in deiner Stadt oder kannst sie hier online lesen.