Lützerath in den Medien: Eine inszenierte Bedrohlichkeit

Lützerath in den Medien: Eine inszenierte Bedrohlichkeit

Medienkonzerne berichten über den angeblich gewalttätigen Klimaaktivismus in Lützerath. Zu systematischer Gewalt und den globalen Folgen der Klimakatastrophe schweigen sie: Sie sind bereit jeden Protest zu diffamieren, der die Profitmaximierung der herrschenden Klasse beeinträchtigt.

Am Samstag, den 14. Januar demonstrierten allein in Lützerath 35.000 Menschen für den Erhalt des Dorfes, für Klimagerechtigkeit und für den Kohleausstieg. Journalist*innen wurden des Geländes verwiesen, während Polizeibeamt*innen mit massiver Gewalt den Profit des fossilen Energiekonzerns RWE verteidigten. Für ihn wird das 1,5-Grad-Ziel zerrissen und die Klimakrise entgegen allen wissenschaftlichen Warnungen weiter angefeuert. Eine wahre Katastrophe.

Medial zeichnen jedoch reißerische Schlagzeilen der bürgerlichen Presse ein anderes Bild: Im Mittelpunkt der Debatte steht die Empörung über angeblich gefährliche Klimachaoten, welche die Polizei bewusst provozieren oder angreifen. Es wird mit voller Absicht ein einseitiges und schlichtweg falsches Bild gezeichnet, von einer tieferen Analyse der Situation fehlt meistens jede Spur.

Im kapitalistischen Wettbewerb der Medienproduktion konkurrieren Unternehmen so mit kreativen Lügen um die Aufmerksamkeit der Leser*innen. Während sie sich allzu oft eine »neutrale Berichterstattung« auf die Fahne schreiben, sichern sie die herrschenden Verhältnisse ideologisch ab. Statt kritischen Journalismus zu betreiben, werden Polizeiberichte kopiert – keine »neutrale Quelle«, besonders nicht in Fällen von kontroversen Polizeieinsätzen. (Dazu empfiehlt sich die Podcast-Folge von Übertage, Über die deutsche Medienlandschaft.)

Die Berichterstattung um Lützerath zeigt dabei mehr als deutlich den offensichtlichen Unwillen der bürgerlichen Medien, die tatsächliche Relevanz aktueller Krisen abzubilden: Statt über die Klimakrise, Umweltkatastrophen, den Zusammenbruch von Ökosysteme und das mit ihnen verbundene millionenfache Leid zu sprechen, anstatt über eine globale Klimagerechtigkeitsbewegung, über das skandalöse Vorgehen von RWE oder über eine Regierung zu sprechen, die Politik im Interesse des Kapitals macht, richtet sie ihre Aufmerksamkeit meist lieber auf die gesetzeswidrige Dreistigkeit einer Sitzblockade. Reaktionäre Parteien fordern daraufhin Hand in Hand mit RWE härtere Strafen für derartigen »Klimaterrorismus« und damit für diejenigen Menschen, die im Interesse von uns allen für einen bewohnbaren Planeten kämpfen. Solche medialen Hetzkampagnen und Falschdarstellungen kennen wir dabei natürlich nicht nur gegen die Klimagerechtigkeitsbewegung, sondern seit jeher auch gegen verschiedenste sozialistische, gewerkschaftliche und emanzipatorische Bewegungen. (Dazu Fabian Lehr, Ökoterror gegen Kunst & Stadtautobahn.)

Die moralisierte und entpolitisierte Gewaltdebatte, welche die strukturelle Gewalt der Polizei und des Systems niemals mitdenkt, ist nichts als ein zynisches Ablenkungsmanöver. Die Presse inszeniert dabei bewusst die angebliche Bedrohlichkeit der Klimaaktivist*innen, um die reale Bedrohlichkeit der Klimakatastrophe und des fossilen Kapitals weiter zu ignorieren. Umso entschlossener müssen wir linke Gegenöffentlichkeit aufbauen und mediale Scheindebatten entlarven. Wir müssen über die Polizei und Abolitionismus, die Bedrohung durch die Klimakrise und das zerstörerische fossile Kapital und über klassenkämpferische, antikapitalistische Strategien sprechen (und uns für sie organisieren!)

Wir müssen uns schließlich aktiv für linke, emanzipatorische Inhalte und Medienarbeit einsetzen und langfristig große Medienkonzerne vergesellschaften und demokratisieren. Der Kampf für Klimagerechtigkeit geht dabei in Lützerath und überall auf der Welt weiter und die Überwindung des fossilen Kapitalismus bleibt eine zentrale Forderung, ohne die sich die Klimakrise nicht bewältigen lässt.

Johanna Fankel studiert Philosophie und Erziehungswissenschaft an der Uni Mainz. Neben ihrem Studium ist sie beim SDS aktiv und wünscht sich, dass im stillgelegten Tagebau von RWE das laute Echo der Parole »System Change not Climate Change« ertönt.

Bildquelle: Daniel Grünfeld / Campact